High school graduation hats high

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Wie häufig setzt die CeBIT starke Impulse und hat sich in diesem Jahr mit dem Thema Industrie 4.0 beschäftigt. Da könnten wir uns im sozialen Bereich ja erstmal entspannt zurücklehnen und sagen: “Ja klar, verständlich, aber was hat das mit uns zu tun?” Falsch. Ganz falsch. Es hat alles mit uns zu tun. Zum einen, weil sich die Arbeitswelt so verändern wird, dass das Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und die gesellschaftlichen Gruppen haben wird, mit denen wir tagtäglich zusammen arbeiten und, weil die Konsequenz von Industrie 4.0 die Arbeitswelt bzw. das Arbeiten 4.0 in Gänze ist. Die Frage ist viel mehr, können wir es uns überhaupt noch leisten, uns nicht damit zu beschäftigen?

In „Work in Progress“ wird beschrieben, wie der amerikanische Soziologe Jeremy Rifkins die digitale Revolution als die dritte große industrielle Revolution bezeichnet, die das menschliche Zusammenleben maßgeblich verändern wird. Und die Tatsache, dass wir Deutschen uns aus lauter Sorge vor Datenmissbrauch lieber gar nicht damit befassen, sorgt dafür, dass wir uns auf Dauer auch selbst abhängen werden.

Wir haben eine digitale Verantwortung.

Dabei ist es unsere Aufgabe als Bildungsverantwortliche in der sozialen Arbeit, Menschen und Mitarbeitende darauf vorzubereiten, mit der Digitalisierung umzugehen. Tun wir das nicht, tragen wir mit dazu bei, dass wir nicht nur wirtschaftliche Nachteile haben werden, sondern gerade auch, dass Menschen auf Dauer aus der Gesellschaft ausgegrenzt und abgehängt werden.

 “Die digitale Spaltung ist vielleicht heute schon Realität. Es gibt ganz viele Menschen, die sich ausgeschlossen fühlen, weil sie gar nicht begreifen, wie stark der digitale Wandel auch ihren Alltag durchdringt. Und diese Idee, dass man auch offline sein könnte, ist einfach nicht mehr durchführbar. Es betrifft nicht nur eine Altersspaltung, sondern auch Zugang zu Technologien beispielsweise: Viele haben gar keinen Rechner zuhause oder haben keinen Internetzugang auf dem Lande.“ (Gesche Joost, Berliner Professorin)

Unsere Aufgabe als soziale Verbände, Organisationen und Bildungseinrichtungen ist es, in einem ersten Schritt unsere Bedenken zu überwinden, weil wir sonst dafür verantwortlich sind, dass die nachfolgende jüngere, aber auch die noch nicht angeschlossene ältere Generation, abgehängt wird.

Nichtstun oder draußen zu bleiben ist unverantwortlich. Wir haben eine digitale Verantwortung. Auch, damit die Technologien nicht uns, sondern wir sie bestimmen.

In der Digitalisierung stecken gute Chancen der technologischen Unterstützung, die das Leben vereinfachen können, die jungen und alten Menschen dazu verhelfen können, beteiligt zu bleiben. Warum das wichtig ist und die menschliche Zuwendung bereichern kann? Zeigt unter anderem dieses Beispiel: Engagement älterer Menschen in der digitalen Gesellschaft. 

Wissensgesellschaft ist over.

Dabei geht es nicht nur um das Internet. Es geht um einen neuen Umgang mit Wissen und Informationen. Und zwar in allen Bereichen und das fängt bei den ganz Kleinen an. Wie lernen Kinder und Jugendliche mit Wissen und Informationen umzugehen, sie zu organisieren, sie zu verwerten und kompetent anzuwenden?

Auch das Arbeitsministerium und das Wissenschaftsministerium  sind an diesem Thema dran. Wie verändert sich unsere Lern- und Arbeitswelt? Wie wir zukünftig unser Wissen organisieren, hat natürlich unmittelbare Auswirkungen auf unsere Arbeit(-splätze). Durch die zunehmende Mobilität sicher auch zunehmend spürbar.

Eine entscheidende kulturelle Veränderung ist hierbei: Wissensarbeiter/innen sitzen nicht länger auf ihrem Wissen. Sie teilen es.

Dabei gilt es, sich zu vernetzen, um Zugänge zu Wissen zu erhalten, das Wissen intellektuell sicher priorisieren, einordnen und verarbeiten zu können und es denen zugänglich zu machen, die es brauchen. Bedeutet auch: Anforderungsprofile von zukünftigen Wissensarbeiter/innen ändern sich. Das nachfolgende Video zeigt am Beispiel Personalgewinnung, welche neuen Möglichkeiten der Informations- und Wissensvernetzung sich allein durch soziale Medien ergeben.

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Lufthansa hat hier übrigens bereits vor drei Jahren eine ganz einfache Strategie ausgerufen. Lasst die Leute sich vernetzen und kommunizieren. Wenn wir gute Arbeitgeber sind, werden sie positiv über uns erzählen, für Stellenangebote werben und selber Botschafter/innen für eine gute Sache sein.

Der Blogger Lars Hahn  hat in seinem Artikel „Wissensgesellschaft ist over“ beschrieben, welche Kompetenzen zukünftig erforderlich sein werden.

Sozialarbeit 4.0

Wenn die Industrie ein Konzept 4.0 ausruft, hat das unmittelbare Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist heute nicht anders als bei der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert. Heute haben wir technologisch und kommunikativ die Chancen besser vorbereitet zu sein. Gehen wir es an!

  • Bildung 4.0
    Wie sehen unsere Fort- und Weiterbildungsangebote aus? Wie die medienpädagogischen Angebote unserer Kitas, Schulen und Dienste und Einrichtungen? Wie schulen wir selbst uns in dieser Frage weiter?
  • Wissensmanagement 4.0
    Horten wir Wissen oder verbreiten wir es? Erkennen wir, dass gehortetes Wissen keinen Vorteil bringt, sondern das Mitteilen und Verbreiten von adressatengerechten Informationen neue Vorteile des Miteinanders bringt?
  • Projekt- und Organisationskultur 4.0
    Inwiefern unterstützt die Arbeitswelt und Umgebung Vernetzung und kreatives Miteinander, den Austausch von Wissen und Innovationen?
  • Personalsuche 4.0
    Nutzen wir die sozialen Netzwerke als Kommunikator für Stellenangebote in Gruppen, auf Seiten, twittern darüber, sprechen wir gezielt potentielle Kandidaten an?
  • Public Relations 4.0
    Sehen wir in Öffentlichkeitsarbeit mehr als die Bewerbung des eigenen Unternehmens? Fassen wir hierunter auch die Kommunikation und Gestaltung von Beziehungen zu Verbündeten, Kooperationspartnern, Stakeholdern und zukünftigen Mitarbeiter/innen?

Ob es eine App für die Obdachlosenzeitung, ein Netzwerk für Flüchtlingsinitiativen oder eine Landkarte für Rollstuhlzugänge ist: Soziale Arbeit 4.0 bedeutet mit der Zeit zu gehen, damit diejenigen, für die wir bessere Chancen und Zugänge erreichen wollen, nicht abgehängt werden.

Sabine Depew

Veröffentlicht am 18. Mai 2015 im Blog ZEITZUTEILEN

Sabine Depew, Jahrgang `65, verheiratet, hat in Bonn Diplom – Erziehungs- und Bildungswissenschaften sowie Medienpädagogik studiert. Sie arbeitet seit mehr als 20 Jahren im sozial-caritativen Bereich. Sie blogt über soziale Projekte, Non-Profit-Trends und bewegte Frauen. Ihr Blog ist im Kontext des Projektes Bildung geht auch anders entstanden.