„Wenn man auf etwas wartet, kann […]“ auch ein kurzer Moment „[…] sehr lange dauern.“ Dieses Zitat ist fast das Einzige, was mir von der Fernsehserie „Das Nesthäkchen“ noch in Erinnerung geblieben ist. Wahrscheinlich deshalb, weil man im Leben so oft merkt, wie viel Wahrheit in diesem Satz liegt. Das Warten als Kind auf den nächsten Geburtstag oder auf den Tag, an dem man endlich wieder in kurzen Hosen und T-Shirt die ersten warmen Sonnenstrahlen auf der Haut spüren darf, lässt die Blätter vom Kalender schon manchmal sehr langsam fallen. Aber nichts davon ist auch nur ansatzweise mit der Zeit zu vergleichen, in der man auf diesen einen so besonderen Tag wartet. Und dieser kommt ganz sicher nur ein einziges Mal im ganzen Leben. Es ist der Tag, an dem das erste eigene Kind das Licht der Welt erblickt.

Diese Welt, das Leben definiert jeder für sich unterschiedlich. Es gab da diesen einen Tag im November 2014 … Der Tag, an dem ich erfuhr, dass ich Vater werde. An diesem Tag begann ich, meine Definition vom Leben neu zu konzipieren. Es folgten weitere neun Monate. In dieser Zeit wurde das neue Leben im Bauch meiner Frau jeden Tag ein wenig sichtbarer und stellte dadurch unser bisheriges Leben immer mehr auf den Kopf. Beinahe jeder Gedanke, jedes Gespräch wurde dadurch beeinflusst. Doch nichts davon bereitet einen darauf vor, wie sich das eigene Leben tatsächlich ändert, wenn ein Neues in diese so wirre Welt hineingeboren wird.

Der 24. Juli 2015 war gleichzeitig der aufregendste und schönste Tag in meinem Leben. Mein Sohn Jona wurde unter nicht ganz leichten Umständen geboren. Diese Umstände – so schwer sie auch heute noch wiegen – brachten mich in die Lage, ihn als erstes Familienmitglied im Arm halten zu dürfen. Ein Gefühl, das leider durch die Sorge um meine Frau getrübt, aber dennoch das Wundervollste war, was ich je erfahren durfte.

Seit diesem Tag verändert sich mein Leben jede Minute und ich genieße jede einzelne davon. Inzwischen ist mein Sohn nun fast acht Monate alt. Ich bin überglücklich und dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit habe, jeden seiner Schritte miterleben zu dürfen. Jeden Abend, wenn ich nach der Arbeit nach Hause fahre, fange ich schon im Auto unwillkürlich an zu grinsen. So groß ist die Vorfreude darauf, was mich zu Hause erwartet. Meine Familie. Ich freue mich darauf, ihn lächeln zu sehen, wenn ich durch die Haustür komme. Darauf, seinen Abendbrei warm zu machen und ihn zu füttern. Ihn für’s Bett fertig zu machen. Ihm ein Schlaflied vorzusingen und bei ihm zu bleiben, bis er eingeschlafen ist.

Wenn ich den Tag dann mit meiner Frau auf der Couch ausklingen lasse, fange ich schon nach kurzer Zeit an, ihn wieder zu vermissen. Und morgens, nachdem er mich mit Lauten, die sich in meinen Ohren wie ein deutlicher „Papa“-Ruf anhören, geweckt hat, begleitet er mich zu meiner morgendlichen Sportrunde und sorgt mit seinem Geplapper, seinem Lachen und dem Spielzeugweitwurf für das Entertainmentprogramm. Das ist für mich der tollste Start in den Tag, den man sich nur vorstellen kann.

Die Wochenenden sind natürlich das Größte. Hier hab ich die Möglichkeit, ihn noch viel intensiver zu beobachten, seine Entwicklung enger zu erleben und die Aufgaben zu übernehmen, für die seine Mama unter der Woche zuständig ist. Ich darf Windeln wechseln, füttern, trösten, bespaßen, Nase putzen, eincremen und ihn zum Mittagsschlaf ins Bett bringen. Wenn wir dann am Sonntagabend auf dem Wohnzimmerboden mit bunten Bechern spielen und dabei Giraffenaffensongs rauf und runter hören, werde ich fast schon etwas wehmütig, wenn ich daran denke, dass ich Jona nun wieder fünf Tage nur morgens und abends sehen kann. Aber die Vorfreude auf das nächste Wochenende, das nächste Lächeln, wenn ich abends nach Hause komme, und den gemeinsamen Badespaß am Mittwoch trösten darüber hinweg.

Meine Gefühle in Worte zu fassen, fällt mir im Allgemeinen nicht schwer. Aber die richtigen Worte zu finden, um das Gefühl zu beschreiben, welches mein Sohn in mir auslöst, erweist sich als beinahe unmöglich. Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt Worte gibt, die auch nur annähernd beschreiben können, wie es sich anfühlt, Vater zu sein. Ich bin stolz, glücklich, immer irgendwie besorgt, müde, hellwach und begeistert von unserem gemeinsamen Leben. Meine Familie ist für mich das größte Glück. Ich gebe alles, um als Ehemann und Vater das Richtige zu tun und immer da zu sein, wenn sie mich braucht. Natürlich stelle ich mir auch die Frage, ob ich wohl ein guter Vater bin und es sein werde. Ein Blick in die Augen meines Sohnes verrät mir, dass ich immer alles daran setzen werde, ihm Halt zu geben, wenn er fällt, ihn loszulassen, wenn er fliegen will, ihm Mut zu geben, wenn er etwas wagt, ihm Trost zu spenden, wenn er weint, ihm eben immer das zu sein und zu geben, was er gerade braucht. Im Juli 2015 bin ich Vater geworden und bin es seitdem jeden Tag ein bisschen mehr.

Kristoffer Baumann
Projektleiter Kinder- und Jugendbereich KiJuNa