Foto: © fotohansel - Fotolia.com

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Es war mal wieder an der Zeit einen Leitartikel für unsere Homepage zu verfassen. Trotz langem Überlegen wollte mir irgendwie kein schönes Thema einfallen, also überlegte ich weiter bis ich am 25.11.2015 zu einer Veranstaltung beim Paritätischen Wohlfahrtsverband ging und dort inspiriert wurde.

Im Rahmen des Arbeitskreises „Koordinierende Leitungen“ hat Petra Wagner – Leiterin und Direktorin des ISTA (Institut für den Situationsansatz) – einen Vortrag zum Thema „Interkulturelle Kompetenz: Wenn Familienkulturen und institutionelle Kulturen in Konflikt geraten …“ gehalten. Da ich selber aus einer sogenannten bi-nationalen Ehe stamme (also Eltern aus zwei verschiedenen Kulturen habe) und in vier Ländern auf drei Kontinenten groß geworden bin, war ich sofort Feuer und Flamme für das Thema.

Wir leben in einer Zeit der Globalisierung, einer Zeit, in der sich Kulturen immer mehr vermischen und sich immer mehr Kinder in mehr als einer Kultur zurecht finden müssen. Doch was eigentlich ist Kultur? Die UNESCO definiert folgendermaßen: „Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.” (Dt. UNESCO Kommission 1983).

Unterschiedliche Lebensrealitäten führen zur Entwicklung unterschiedlicher Wertsysteme, zu unterschiedlichen kulturellen Modellen, in denen Kinder aufwachsen. In einer immer heterogener werdenden Gesellschaft müssen sich immer mehr Kinder in unterschiedlichen kulturellen Modellen zurechtfinden. So ist ein Kind, welches in einer muslimischen Familie aufwächst und eine deutsche Grundschule besucht mit mindestens zwei verschiedenen Kulturen vertraut.

Kinder können sich grundsätzlich in mehr als einem kulturellen Modell zurechtfinden und eine bi- / multikulturelle Identität entwickeln. Die kann ich aus eigener nur Erfahrung bestätigen! Schwierig wird dies nur, wenn sie gezwungen sind, eine Identität zu Gunsten der anderen aufzugeben. So können beispielsweise Kinder aus eher an Autorität orientierten Familien überfordert sein, wenn sie in der Kita / Schule mit Autonomie und Selbstbestimmung konfrontiert werden.

Für die pädagogische Arbeit bedeutet dies, sich die Frage zu stellen, wie ein solcher Verlust verhindert werden kann. Ziel muss eine Pädagogik sein, die (kulturelle) Vielfalt nicht nur zulässt sondern auch fördert und fordert.

Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung setzt bei den Erwachsenen an, d.h. es gilt zunächst die eigenen Vorurteile und deren Auswirkungen zu reflektieren. Welches „kulturelle Gepäck“, welche Stereotypen führen zur Auf- / Abwertung bestimmter Gruppen? Hierbei sollte es um Vorurteile aller Art gehen: Gender, Religion, soziale und ethnische Herkunft etc., denn Kultur lässt sich nicht auf Nationalität beschränken.

Ferner geht es darum eine Sensibilität für Ausgrenzungs- und Diskriminierungstendenzen zu entwickeln um diese erkennen und abbauen zu können. Hierfür müssen die Differenzen erkannt und respektiert werden. Welche Kulturen sind in unserer Einrichtung vertreten? Was macht diese Kulturen aus? Dies kann nur im Dialog mit Eltern und Kindern erörtert werden.

Es ist aber nicht ausreichend, Ausgrenzung und Diskriminierung aus unseren Einrichtungen zu verbannen. Denn eine Pädagogik der Vielfalt bedeutet auch eine Pädagogik der Inklusion; die Heterogenität zu schätzen und sich der Vielfalt zu öffnen.

Wir pädagogischen Fachkräfte müssen den Kindern, mit denen wir arbeiten eine bunte Welt vorleben, mit Freude an allen Farben, Formen und Facetten die das Leben bereit hält. Wir müssen ihre Neugierde für andere Kulturen sowie ihre Offenheit für Andersartigkeit erhalten und weiter entwickeln. Wir müssen ihnen zeigen, dass es gut ist anders zu sein und ihnen Respekt und Toleranz vorleben. Denn Vielfalt zu leben bedeutet das Leben zu feiern!

Saskia Valle
Projektleiterin EFöB an der Grundschule am Insulaner