Foto: © Matthias Buehner - Fotolia.com

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Während wir in unserem Land, unserer Stadt, unserem Bezirk in Frieden und vor politischer Verfolgung geschützt und sicher leben, herrschen in zahlreichen Ländern und Regionen auf dieser Welt ganz andere Zustände. Menschen sehen sich dazu gezwungen Ihre Heimat hinter sich zu lassen, um ihr Leben und das ihrer Familien zu retten. Wie schlimm dieses Gefühl sein muss, aus Angst um das wertvollste Gut, das eigene Leben, aus seinem Heimatland fliehen zu müssen, kann ich mir kaum vorstellen. Wenn die Entscheidung zur Flucht getroffen ist, geht es auf eine mehr als beschwerliche Reise, die viele dieser Menschen das Leben kostet. In eine Zukunft von der keiner weiß, wie sie aussehen wird. Sind diese Weg und all seine Unwegsamkeiten überwunden, finden sich ein paar dieser Menschen bei uns in Steglitz wieder.

Schon vor geraumer Zeit haben wir uns sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie wir diese, vor Krieg und Verfolgung geflüchteten Menschen, bei uns im Bezirk willkommen heißen können.

Wie schafft man es, diesen Menschen das Gefühl zu geben, willkommen zu sein und sie zunächst mit dem Nötigsten versorgt? Menschen, die meist mit nicht mehr als dem, was sie am Körper tragen, hier ankommen. Wie können wir im Anschluss daran dazu beitragen, sie in unserer Mitte aufzunehmen, sie in unser Leben und unser soziales Umfeld zu integrieren und ihnen Hilfe und Beistand nach den vermutlich schlimmsten Monaten, Tagen und Stunden ihres Leben geben.

Als an den Weihnachtstagen 2014 eine Notunterkunft für Flüchtlinge in einer Sporthalle in unserer unmittelbaren Umgebung eröffnet wurde, fühlten wir uns zu schnellem Handeln verpflichtet. Das erfreulich große ehrenamtliche Engagement und die Unterstützung aus der Nachbarschaft in diesen Tagen waren enorm. Eine stabile Gruppe von Ehrenamtlichen organisierte neben der Spendenannahme und -ausgabe auch einige  Aktivitäten für die Flüchtlinge. Unter anderem wurde ein stark nachgefragter Deutschkurs angeboten, Flüchtlinge wurden bei Arzt- oder Behördengängen begleitet und es fanden „Ausflüge“ in den Nachbarschaftstreffpunkt „kieztreff“  in der Celsiusstrasse statt. Die Stamm-Besucher der Einrichtung genossen zusammen mit den Flüchtlingen und den Ehrenamtlichen Kuchen, Tee und Kaffee oder kochten gemeinsam, während die Kinder malten und spielten. Die Notunterkunft war noch bis Ende April 2015 in Betrieb. Die Unterstützung durch Ehrenamtliche riss über die gesamte Dauer nicht ab. Diese ad hoc geleistete Hilfe war größte Motivation für uns für die zukünftige Arbeit im Bereich der Flüchtlingshilfe.

Nicht zu vergessen ist die klare Haltung des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. sich öffentlich für alle Belange von Flüchtlingen einzusetzen. Das Willkommensbündnis und das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. riefen am 25.4.2015 zu einer Gegenkundgebung in der Lippstädter Straße, vor der Notunterunterkunft für Flüchtlinge auf, um ein Zeichen der Solidarität gegen Intoleranz zu setzen und so Pro-Deutschland ins Abseits stellen. Mit mehr als 500 TeilnehmerInnen zeigten die Bürger in Steglitz-Zehlendorf ihre klare Haltung zugunsten der neuen Mitbrürger.

Der nächste spontane Aufruf erreichte uns mitten in den Sommerferien. Während eines Ferienprojekts für rund 40 Kinder im KiJuNa in der Scheelestraße ging bei uns, wie auch bei zahlreichen weiteren Stadtteilzentren in Berlin die Anfrage ein, ob es möglich wäre kurzfristig für ein Wochenende einige Flüchtlinge unterzubringen. Es war möglich. In einer spontanen Aktion wurden zahlreiche Ehrenamtliche aktiviert und ca. 15 Flüchtlinge aufgenommen. Nach diesem Wochenende kamen drei der Flüchtlinge wieder zu uns zurück. Sie hatten keine neue Unterkunft gefunden. Kurzentschlossen richteten wir einen Raum im benachbarten Seniorenzentrum für die drei Männer her. Dort sind Sie bis heute untergebracht. Wir betreuen sie und unterstützen sie dabei eine Bleibe für die kommende Zeit zu finden.

Am 31. August eröffnete die Gemeinschaftsunterkunft für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge am Ostpreußendamm. Es war das sechste der neu bebauten Containerdörfer in Berlin. Der Betreiber der Anlage ist die MILaa gGmbH. Als Kooperationspartner Stadtteilzentrum Steglitz e.V. haben wir den Auftrag angenommen, eine Wilkommensstruktur in der nahen Umgebung zu schaffen und integrative Angebote für die Flüchtlinge zu entwickeln. Auch die Organisation und Koordination von Ehrenamtlichen und das Spendenmanagement gehören derzeit zu unseren vorwiegenden Aufgaben.

Diese Aufgaben übernehmen wir insbesondere auch vor dem Hintergrund unseres Selbstverständnisses. Unsere neuen Nachbarn wollen wir willkommen heißen und ihnen die Möglichkeit geben, sich in unserer Mitte zu integrieren. Hierfür sind wir auf die Unterstützung von Ehrenamtlichen Helfern angewiesen. Unserem Aufruf zum ersten Helfertreffen am 11. September 2015 folgten rund 140 interessierte Bürgerinnen und Bürger aus der Nachbarschaft. Wir waren und sind überwältigt von der Bereitschaft zur Hilfe und Engagement in unserer Umgebung. In den vergangenen Tagen haben alle Ehrenamtlichen in einer Datenbank erfasst, einen Mail-Verteiler eingerichtet und die ersten Informationen an alle versandt. Derzeit wird der Bedarf an Hilfen und Spenden von allen beteiligten Akteuren im Bezirk eruiert. Diesen Bedarf können wir nun jederzeit mit den Kompetenzen der gemeldeten Ehrenamtlichen abgleichen, um so zielgerichtet und schnelle Hilfen im Bereich der Flüchtlingsarbeit organisieren und abrufen zu können.

An dieser Stelle sei noch einmal allen Bürgerinnen und Bürgern gedankt, die sich auf vielfältige Weise in die gemeinsame Arbeit in der Flüchtlingshilfe und beim Aufbau einer Willkommenskultur für unsere „neuen Nachbarn“ engagieren. Wenn auch Sie sich engagieren möchten, schreiben Sie uns an helfen@sz-s.de und lassen sich in den E-Mail-Verteiler eintragen. Schreiben Sie uns in welchem Bereich Sie sich engagieren möchten, was Sie besonders interessiert. Alle Informationen finden Sie stets auf der Internetseite www.steglitzhilft.de.

Kistoffer Baumann
für das gesamte Team von #steglitzhilft