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Menschen verlassen ihre Heimat, jeden Tag, an so vielen Orten auf der Welt. Sie müssen. Das Leben dort, wo sie zu Hause sind ist den Namen kaum noch wert. Sie fliehen. Fliehen vor Krieg, Armut, Hunger, Verfolgung und Not. Der Gedanke daran, meine Heimat verlassen zu müssen lähmt mich beinah. Und was steht dieser Lähmung entgegen? Ist es das Bild, was sich nun direkt vor unserer Tür zeigt? Männer, Frauen und Kinder, die alle in ihnen wohnenden Kräfte geweckt haben und auf teilweise unvorstellbare Weise in unsere Stadt gekommen sind, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Ich versuche zu verstehen und werde es hoffentlich niemals nachvollziehen müssen, wie es diesen Menschen geht, die seit den Weihnachtstagen in einer Sporthalle in Lichterfelde „notuntergebracht“ sind.

Wie kann es sein, dass der direkte Kontakt, der Blick hinter die Kulissen dieser Notunterkunft für Flüchtlinge aus aller Welt, mich aber gleichzeitig auch mit Scham und Angst erfüllt? Kann man anders, als mit solchen Gefühlen auf diese so laut gemachte Minderheit blicken, die sich in diesem unserem freien und wohlständigen Heimatland gerade am rechten Rand der Bevölkerung so verbittert und ignorant in Szene setzt?

„Wir sind rechtlich dazu verpflichtet auch in Deutschland Flüchtlinge aufnehmen …“ So oder so ähnlich hört es sich an, wenn unsere hochgeschätzten Damen und Herren Politiker versuchen auf die so „verunsicherte“ Bevölkerung zuzugehen. Auch wenn der Apell an das Rechtsverständnis der Bevölkerung an dieser Stelle zwar grundsätzlich notwendig sein dürfte – würden wir nicht vielleicht lieber einen Apell zur Besinnung auf die moralische Verantwortung in den Vordergrund gerückt sehen? Dürfen wir vor der Angst zurückschrecken, die uns die Taten weniger radikaler Fanatiker machen und aufhören denen die Hand zu reichen, die sie brauchen?

Kaum etwas scheint heute in der Gesellschaft wichtiger als das Teilen von Informationen, Meinungen, Katzenvideos und Privatem oder sogar Auto und so vielem mehr. Sollten wir nicht bereit sein den Frieden, den wir teilweise fast undankbar für selbstverständlich halten mit einigen wenigen notleidenden Menschen zu teilen? Ich bin dazu bereit. Und mehr noch: Ich freue mich ein Teil derer zu sein, die Helfen dürfen. Ein Teil eines Stroms, der nicht abreißt. Ein Strom von Menschen, die spenden, helfen und unterstützen. Diese Menschen, meine Nachbarn, die gerne etwas tun, um das Leid der Flüchtlinge zu lindern sind in diesem Land, sind in dieser Stadt und diesem Kiez in enorm großer Zahl zu finden. Menschen die vorbehaltlos fragen, wie sie helfen können. Und das obwohl sie ganz sicher nicht frei von Ängsten und Sorgen sind. Sie verstehen sich als Teil einer moralisch verantwortlichen Gesellschaft und nehmen diese Verantwortung gerne an.

Ich verstehe mich als einen christlich sozialisierten Menschen, der zu gerne bei dem Begriff Weltgemeinschaft an dessen grundlegende Bedeutung glauben möchte und versucht danach zu leben. ACHTUNG UTOPIE! Vielleicht verfolgen die Menschen auf der Erde irgendwann ein gemeinsames Ziel. Verstehen sich als Bürger einer Welt und übernehmen Verantwortung für das Leben auf der ganzen Welt. Ist der Wunsch danach, dass dies nicht Utopie bleibt vielleicht ein Grund dabei mitzuwirken, dass Menschen, ganz gleich welcher Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit, sich überall auf der Welt Willkommen fühlen? Durch meine Arbeit kann ich direkt vor meiner Haustür ein kleines Stück beitragen. Dafür bin ich dankbar.

So viele offene Fragen – und nicht auf jede gibt eine gute Antwort. Aber sollten wir aufhören zu fragen, nur weil es immer mehr Fragen geben wird als Antworten, die uns gefallen. Ich hoffe, sollte ich jemals in die Situation kommen aus meiner Heimat fliehen zu müssen, dass sich dort wo hinkomme, auch jemand all diese Fragen stellt. Genau darum werde ich nicht aufhören zu fragen.

Kristoffer Baumann
Projektleiter KiJuNa

Wenn Sie helfen möchten schicken Sie Ihre Fragen, Ideen und Anregungen per E-Mail an helfen@sz-s.de oder kommen Sie zum nächsten Helfertreffen am 23. Januar 2015 um 18.00 Uhr ins KiJuNa, Kinder-, Jugend- und Nachbarschaftszentrum in der Scheelestraße 145, 12209 Berlin.