Erst mit fünf Jahren kam er in die Kita und war anderes Spielen gewohnt. Sie mussten dort komische Lieder singen und Spiele spielen, die er nicht mochte. Er fühlte sich eingeengt und es war ihm zu streng, deshalb denkt nicht gerne an seine Kindergartenzeit zurück. Zuhause hatte er die richtige Umgebung dafür, da war es anders: Fünf Geschwister, Nachbarsfamilien mit vielen Kindern, Felder, Wald und die Freiheit, ungestört die Welt zu entdecken. Heute leitet er selber einen Kindergarten und bewahrt sich dabei immer sein Bild vom freien Spiel, das er so mochte. Werner Luff leitet die Kita Lankwitzer Maltinis, die im August 2013 eröffnet wurde. Er organisiert und koordiniert den Tagesablauf von 88 Kindern und 16 Erzieherinnen. Das ist eine große Aufgabe, wenn man sich selber den Anspruch gibt, dass diese Kinder einmal sehr gerne an ihre Kitazeit zurückdenken sollen.

Hätte sich der Vater durchgesetzt, wäre er Kaufmann geworden. Doch dieser Beruf füllte ihn nicht aus. Als eine Schwester ein Kind bekam, sich vom Kindsvater trennte, bat sie ihn um Unterstützung bei der Kindererziehung. Diese Unterstützung ließ ihn merken, dass der Kontakt zu Kindern, das soziale Arbeiten, sehr entgegenkam. Mit dem Musterungsbescheid stand fest, dass er Ersatzdienst leisten wollte, den er in der Altenpflege absolvierte. Auch hier fühlte er sich im sozialen Dienst sehr wohl, dennoch war seine Affinität zu Kindern stärker als zu älteren Menschen. Es war eine wohlüberlegte Entscheidung in der Folge eine Ausbildung als Erzieher im Pestalozzi-Fröbel-Haus zu machen. Ein Mann als Erzieher war zu seiner Ausbildungszeit schon eine Besonderheit und Werner Luff war dankbar, dass er dennoch mit vier männlichen Kollegen lernen durfte. Wie besonders ein Mann als Erzieher war, merkte er später als er sich um Arbeitsstellen bewarb. Dort passierte es ihm, dass ein Arbeitgeber sich in keiner Weise für seine Qualifikationen interessierte, sondern allein sein männlicher Status für eine Anstellung ausreichen sollte. Er trat die Stelle nicht an. Eine andere Arbeitsstelle als kommissarischer Kitaleiter ließ ihn später jedoch merken, dass ihm seine Ausbildung nicht ausreichte. Als beruflich qualifizierter Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung konnte er das Studium für „Kleinkindpädagogik“ antreten. Parallel arbeitete er in der Krankenpflege und absolvierte Zusatzausbildungen in Studiums- und Informationsmanagement und Medienpädagogik. Danach blieb er an der Universität, zertifizierte mit seinem Professor Kindergärten und konnte seine Kenntnisse im IT-Bereich einbringen und festigen.

Mit der Geburt der zweiten Tochter ging er in die Elternzeit. Der Vertrag mit der Uni lief aus, aber sein Entschluss lieber wieder in der Praxis zu arbeiten stand schon fest. Nun hatte er das notwendige theoretische Rüstzeug und zugleich die Erfahrung als Erzieher. Er kannte einerseits die Alltäglichkeiten, Sorgen und Nöte der ErzieherInnen und konnte andererseits die übergeordnete Organisationsstruktur, Mitarbeiterführung und den pädagogischen Anspruch dafür bieten. Er arbeitet nicht mehr direkt in einer Gruppe mit Kindern, aber Kontakt hat er doch mit allen. Wenn er auftaucht muss er oft Fragen beantworten, wann sie wieder gemeinsam spielen oder zusammen Waffeln backen. Dieser Kontakt ist ihm sehr wichtig, begeistert ihn doch bis heute das Urvertrauen, dass Kinder entgegenbringen können.

Was für ihn „Kindheit“ bedeutet, beantwortet Werner Luff damit, dass dies der Zeitraum ist, in dem Kinder alles ausprobieren dürfen. Sie können probieren, staunen, neugierig sein, erforschen, abschauen und besonders spielen, ohne in einen engen Tagesablauf gepresst zu sein. In Rollenspielen soziales Miteinander üben, sich in einer Gruppe positionieren, sich trauen verschiedenste Dinge zu machen, ihre Identität finden … viele lebensentscheidende Aspekte werden in der Kindheit gelegt, die mit freiem Spiel verbunden sind. Werner Luff glaubt, dass vielen Eltern nicht bewusst ist, wie wichtig das Spiel an sich für Kinder ist. Er fremdelt selber in Wohnungen, in denen Kinder leben, die aber vollkommen aufgeräumt sind. Auch das müssen Kinder natürlich lernen, aber ohne Hilfe und mit geduldigen Vorbildern. Das Spiel legt die Grundlagen für jegliche motorischen, sensitiven und emotionalen Handlungen und ist so bessere Vorbereitung für ein Leben, als ein strenges Korsett von allen möglichen Frühförderungen. Die Welt ist heute schon anders, sagt er. Die Kinder, besonders in der Stadt, können nicht einfach unbeaufsichtigt stundenlang im Freien spielen, dennoch sollten sie ein höchstmögliches Maß an Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten behalten.

annaschmidt-berlincom_werner-luff2 Jedes einzelne Kind ist für Werner Luff eine Persönlichkeit, deren Gefühle und Meinungen er sehr ernst nimmt. Über genaues Hinhören und Beobachten möchte er Kinder in ihrer persönlichen Entwicklung nach ihrem Zeitmaß fördern und ihnen motivierende Anregungen geben. Für die eigenen Töchter gilt natürlich das gleiche, wie für die Kitakinder. Er weiß, dass er seinen Töchtern Freiräume geben muss, ihnen vertrauen kann und Dinge zutrauen darf. Dennoch geht den eigenen Kindern immer ein väterlich besorgter Blick hinterher, fällt das Loslassen doch manchmal schwer. Er wünscht ihnen, dass sie sich an eine tolle Kindheit erinnert, trotz ihn, den Pädagogen, als Vater. Droht die kleine Tochter ja doch hin und wieder, dass er, der Vater, kein Sandmännchen sehen darf, wenn er ihr Missfallen erregt.

In der Kita Lankwitzer Maltinis ist das erste gemeinsame Jahr geschafft. Ein Team hat sich gefunden, ein geregelter Auflauf findet statt, eine Gemeinschaft hat sich gebildet und mit dem diesjährigen Laternenfest beginnen die Wiederholungen und Routine im Kitajahr. Was ihn von Anfang an in dieser Kita begeistert hat, sind die Freundlichkeit und der wertvolle Umgangston untereinander. Das findet er, ist das Besondere hier, das Kindern, Eltern und den ErzieherInnen, immer ein gutes Gefühl auf den Weg mitgibt.

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit