osterhase Es ist immer wieder das Gleiche. Gefühlt ist der Weihnachtsbraten gerade erst verdaut, die letzte Silvesterrakete abgeschossen und schon entdecken wir im Supermarktregal den ersten Osterhasen. Dankbar registrieren wir die freundliche Erinnerung, dass die nächsten Festtagsbraten in ein paar Wochen wieder auf dem Tisch stehen. Vorerst dürfen wir es noch gewissenlos verdrängen, denn an Valentinstag und Fasching erinnert uns der Handel ja auch noch rechtzeitig. Aber es kommt – das Osterfest.

Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten wird mit diesem wichtigstem und ältesten Fest der Christen gefeiert. Das Datum des beweglichen Feiertages variiert zwischen dem 21. März und dem 25. April nach dem ersten Sonntag des ersten Frühlingsvollmondes. Dies muss man nicht ausrechnen oder wissen. Spätestens wenn im Vorjahr die Urlaubspläne eingereicht werden müssen oder Ferienziele geplant werden, ist das Datum in jedermanns Gedächtnis. Und sowieso – wer vergisst schon, wenn ein paar entspannte Feiertage genossen werden können. Der Karfreitag und Ostermontag rahmen den Ostersonntag so wunderbar ein, dass gleich vier freie Tage zur Verfügung stehen.

Für alle christlichen Konfessionen ist das Osterfest das wichtigste im ganzen Kirchenjahr. Beginnend mit Gründonnerstag über Karfreitag, dem Karsamstag, Ostersonntag und Ostermontag wird es von den Christen wie ein einziger Gottesdienst gefeiert. Dies über den ganzen Globus verteilt. Aber auch die anderen, die Atheisten, Humanisten, Anders- oder Nicht-Gläubige dürfen indirekt in den Genuss dieses Festes kommen und sei es nur durch die freien Tage. Der Handel steht still, Büros und Ämter sind geschlossen – wir dürfen innehalten.

Es stellt sich vehement die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Feiertage. Anders als im Mittelalter ist die Zugehörigkeit wie auch die Hörigkeit zur Kirche nicht mehr der allein glücklich machende Weg für die Menschen. Der Mensch bekam das Buch zur Hand, die Übersetzung, konnte verstehen, wurde aufgeklärt, durfte selber denken und, ganz fatal, selber entscheiden, ob er mit oder ohne Kirche und Glauben leben will. Wir haben die Wahl – zu glauben oder auch nicht. Keine Wahl jedoch beim Feiertag, den dürfen wir, gewollt oder nicht, alle genießen. Hinzu kommt die Durchmischung der Nation mit Menschen aus aller Herren Länder und damit auch Religionen. Die werden schon gar nicht gefragt, ob sie diesen Feiertag brauchen oder gar feiern möchten. Und sicherlich hat der ein oder andere Statistiker großer Wirtschaftskonzerne ausgerechnet, welcher Gewinn zu erzielen wäre, würde man die lästigen Feiertage abschaffen.

Aber halten wir an – so einfach geht’s nicht. Der Mensch ist ein soziales Wesen und kann nur bestehen, wenn die Mischung zwischen Aktiv- und Ruhephasen ausgeglichen ist. Das erkannte man schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die Industrialisierung die Menschen auszubeuten begann. Die Sozialgesetze stellten den Beginn in eine Arbeitswelt dar, die den Menschen entgegen kommt und gesundheitlich förderlich ist. Denn wir sind, zum Glück, keine Maschinen, die unentwegt produzieren und Leistung erbringen können. Den Gedanken sollten wir gerade heute wieder aufleben lassen. Zu sehr und an zu vielen Ecken wird gespart und reduziert.

Unabhängig davon, ob wir glauben oder nicht, brauchen wir Zeit für uns, unsere Familien und Freunde. Zeit um Luft zu holen. Zeit für Ruhe und schöne Dinge. Zeit zum Auftanken. Der Takt in den Familien geht immer schneller. Oft müssen Mutter wie Vater arbeiten um den Unterhalt für die Familie aufrecht zu erhalten. Die Kinder stecken zwischen Schule und Freizeitveranstaltungen fest. Es fehlt die Gemeinsamkeit.

Und letztendlich … wer will dem kleinen Knirps erklären, dass es den Osterhasen nicht gibt? Gehen wir einmal in einen Kindergarten, einen Hort oder ein Jugendhaus. Schauen wir uns an, mit welcher Hingabe selbst größere Kinder kleine bemalte Kunstwerke schaffen, Dekorationen basteln, Ostergrüße gestalten. Schauen wir in das Gesicht einer Großmutter, die ein kleines Ostergeschenk vom Enkelkind bekommt und sich freut. Überlegen wir einmal, wie gut es riecht, wenn wir  kurz davor sind den Osterbraten zu essen. Und auch, wie beruhigen sich die Kirchenglocken anhören, die zum Gottesdienst rufen. Es macht Sinn, wenn die Welt sich ab und zu besinnt. Denn letztendlich ist der stichhaltige Beweis, dass es den Osterhasen nicht gibt, nicht erbracht.

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadtteilzentrum Steglitz e.V.