giesensdorfer_28 Aufgeregt machten wir uns am 14. April 2014 auf den Weg nach Zinnowitz, nachdem gleich zwei Polizeikontrollen vorbei kamen um noch schnell den Bus auf Sicherheit zu überprüfen, was der Busfahrer nicht wirklich prickelnd fand  Im Bus, endlich losgefahren, machten wir es uns gemütlich. Was für Traumkinder hatten wir dabei und wir sollten auch mit dieser Wahrnehmung nicht enttäuscht werden. Alle Kinder warteten geduldig auf die Ankunft in Zinnowitz. Toll war natürlich auch, dass wir während der Fahrt einen Film sehen konnten und genau als dieser endete, waren wir prompt da.

Schnell stürmten wir das Haus Bonifatius im St. Otto Heim, wohnlich, sauber, gemütlich! Und auch die Zimmerverteilung klappte relativ unkompliziert. Hungrig begaben wir uns dann in die Mensa (schon einmal bewappnet mit Gummistiefeln und dicken Jacken) und aßen zu Abendbrot, vor allem die leckere, warme Nudelsuppe hat es fast allen angetan.

Nach ein paar Orientierungsschwierigkeiten (C.: „Ich war hier schon einmal, da geht es zum Wasser!“, P.: „Ach so, wir wollen zum Wasser  in die andere Richtung geht es nämlich zum Strand!“) bestiegen wir dann im Wald einen riesigen Berg, der ja auch wieder herunter gekrackselt werden musste (zum Glück hat Olli so tatkräftig Frau Becks Hand gehalten, damit sie ja nicht fällt), als wir dann merkten, dass es auch einen ganz netten Weg gegeben hätte. Es fühlte sich für alle an, wie Abenteuer pur. Hinter diesem Berg von Bäumen und Wurzeln konnten wir sie schon riechen –  jaaaaaa und sehen  die OSTSEE! So schnell es möglich war, rannten alle los und stürzten sich in den Sand. Ab zum Wasser, bedachten dabei aber nicht, dass es bei Wind auch Wellengang gab und flatsch waren alle Gummistiefel gut gefüllt mit Wasser. Das bedeutete natürlich ganz schnell zurückzugehen, denn wir wollten ja nicht lauter kranke Kinder nach Hause bringen.

Nach also einem tollen Spaziergang und aufregenden Eindrücken, wurden alle Füße gewärmt und getrocknet und noch ein wenig gespielt. Später schliefen tatsächlich irgendwann auch alle Kinder ein, man glaubt es kaum. Ein aufregender Tag sollte für uns Erzieher allerdings nicht so schnell zu Ende gehen. Einem Kind ging es leider in der Nacht nicht so gut und so war diese Nacht ziemlich kurz, damit hatten wir aber gerechnet.

Am 15.4.14 stand dann um 5.40 Uhr das erste Kind vor mir und es sollte nicht das letzte bleiben. Schneller als die Polizei erlaubt, waren auch schon 1, 2, 3,  33 Kinder wach. So gab es erst einmal eine Toberunde auf dem Spielplatz um dann um 8.30 Uhr zu frühstücken.

Ein paar Kinder gingen dann mit Frau El-Haddad und Frau Beck an den Strand, bepackt mit Decken und Proviant, und genossen die Meeresbriese, die Sonne und den Sand, und natürlich hatten wir vom Vortag gelernt, dass nasse Gummistiefel keine Option waren. Also kneipten wir eine Runde in der Ostsee (wer das aushalten kann, bekommt einen Orden!) und malten im Sand, sonnten uns, spielten Fuß- oder Volleyball oder sammelten Muscheln. Ein paar Kinder blieben aber auch im Haus mit Frau Riedel und kauften den Kiosk leer.

Nach dem Mittagessen (es gab Hühnerfrikassee) ging es dann los nach Zinnowitz zum Shoppen, alle Kinder durften selbst entscheiden, was sie mit ihrem Taschengeld machen wollten. Höchste Priorität hatten aber die Andenken für Mama oder Papa. Einige kauften auch Postkarten. Die Besitzer der kleinen Läden freuten sich nicht wirklich über die große Kinderzahl an Kundschaft, aber als sie merkten, wie toll und vorsichtig sich alle benahmen und durch die Läden liefen, änderten sie sicher ihre Meinung. Für alle gab es dann erst einmal ein dickes, leckeres Eis. Nachdem wir noch die Seebrücke bestaunt hatten ging es dann durch den Sand zurück. Wir liefen bestimmt 2,5 Stunden, sammelten fleißig Muscheln und ließen uns hier und dort in den Sand fallen, ein toller Fußmarsch und nur wenig Kinder, die irgendwann sagten, dass sie gerne getragen werden wollten (Scherz)  nicht mehr laufen wollten.

Angekommen in unserem Haus ging da die Dusche an, dort wurde ein Zimmer aufgeräumt, die nächsten spielten Uno oder andere Kartenspiele und wieder andere wollten draußen auf den Spielplatz. Die Erzieherinnen bereiteten (natürlich mit hilfreichen Kindern) während dessen schon einmal den Grill (direkt am Spielplatz) vor. Genau in dem Moment, wo der Grill „brannte“, fing es an zu regnen. Der verzog sich aber zum Glück schnell wieder. Nachdem alle satt waren, bastelten einige Kinder noch an den von uns mitgenommenen Bilderrahmen, die mit angemalten, selbst gesammelten Muscheln beklebt werden konnten. Die anderen spielten Gesellschaftsspiele oder verbrachten ihre Freizeit in ihren Zimmern. Gegen 23.00 Uhr war dann tatsächlich Ruhe und auch die Erzieher schliefen relativ schnell ein in freudiger Erwartung auf den nächsten Morgen  

Und da war er der Tag der Tage– 16.4.14 – das hat wohl niemand erwartet und die Überschrift resultiert wohl auch hieraus. Frau Beck musste leider im Bett bleiben, weil sie sich so eine ganz fiese böse Kotzeritis eingefangen hatte (und ab jetzt war wohl für einen Tag die ausdrucksfreie Zone teilweise aufgehoben)  

Frau El-Haddad und Frau Riedel machten eine Schnitzeljagd mit den Kindern an den Strand, nachdem sich alle beim Frühstück gestärkt hatten. Alle schienen viel Spaß gehabt zu haben, weil Frau Beck fröhliches Gelächter und gut gelaunte Erzieher wahrnahm (das Zimmerfenster war offen). Sie hatte irgendwann ihren Mann angerufen, damit er sie abholen konnte (sie wollte auf keinen Fall die Kinder anstecken oder ihnen in dieser Verfassung begegnen). Nach gefühlt vielen Stunden hörte sie dann durch das Zimmerfenster von draußen ein Kind rufen: „Frau El-Haddad, M. hat sich übergeben!“ und es kam, wie es kommen musste –  immer mehr Kinder kamen dazu. Gerade wenn das eine Bett ausgetauscht, bei Eltern angerufen und Kinder getröstet, mit Eimer und neuer Bettwäsche ausgestattet worden waren, kam ein weiteres hinzu. Schnell war klar, dass dieser Tag eine Wende – auch für die Kinder nahm. Das Kino musste dazwischen sagen: SIE HABEN WUNDERVOLLE KINDER! In dem Moment muss ich mir noch die Tränen abwischen, wie liebevoll sich alle umeinander gekümmert haben, die Situation hingenommen und selbständig mitgeholfen haben. Die ganzen Tage war mir schon aufgefallen, was für eine dufte, tolle, außergewöhnliche Kindergruppe wir dabei hatten.

DICKES LOB AN ALLE KINDER UND DANKE FÜR ALLES! Einige (die, die noch gesund waren, gingen dann erst einmal Abendessen. Als dann der Mann von Frau Beck kam, waren die Erzieher gerade dabei vollgekotzte (sorry :D) Mülleimer zu entleeren und Frau Beck die Eltern anzurufen, da wir nicht mehr wirklich wussten, wie wir die Nacht mit 7 sich übergebenen Kindern bewältigen sollten. Zimmer wurden getauscht und desinfiziert und Kinder getröstet. Für die gesunden Kinder kam die Rettung, denn Herr Beck traf ein und ging auf den Spielplatz mit den Kindern, damit sie noch ein wenig aus dem Haus kamen und noch etwas Schönes erlebten. Und als wäre es nicht genug, brach sich ein Kind den Arm beim Spielen draußen und die Feuerwehr musste kommen. Leider sollte es ein komplizierter Bruch mit OP und allem drauf und dran werden. WIE TAPFER DIESES KIND WAR, ES WAR KAUM ZU GLAUBEN, WIR SIND IN GEDANKEN BEI IHM!

Nachdem wir verschiedene Überlegungen anstellten, hatten wir erst einmal Hilfe beim notärztlichen Dienst geholt. Eine Ärztin kam, die uns ein paar Tipps gab und sich die Kinder ansah, die sich übergaben. Kurz war sogar eine Pause und kein Kind übergab sich, was natürlich nicht so bleiben sollte  Es lagen alle relativ schnell im Bett. Leider sollte es nicht ruhiger werden. Immer, wenn unsere nun „Kotzbeauftragte“ Frau Riedel (eigentlich hatte Frau Beck diesen Job) mit Frau El-Haddad gerade kurz einmal durchatmen wollte, übergab sich ein weiteres Kind. Gewappnet mit Desinfektionszeug, Handschuhen und allem, was es noch irgendwo zum Greifen gab, wurden wieder Betten umgestellt und getauscht, gesäubert und desinfiziert sowie neu bezogen, Kinder liebevoll umsorgt und getröstet.

In der Nacht riefen wir dann die Feuerwehr, nachdem bereits 3 Kinder von ihren Eltern abgeholt wurden. An dieser Stelle auch noch einmal VIELEN DANK FÜR IHR KOMMEN. UNS IST KLAR, WAS DIESER LANGE FAHRTWEG BEDEUTET HAT. Das war für uns sehr unterstützend, zumal manche Kinder einfach zur Mama wollten. Um auszuschließen, dass wir doch etwas schlimmeres haben und auch um ein wenig Unterstützung zu erhalten, da Bettwäsche und noch „saubere“ Matratzen Mangelware waren, schalteten wir das Gesundheitsamt ein. Das organisierte uns Bettwäsche und Co in der Nacht und ging von dem Norovirus aus.

An unseren S., der sich so kompliziert den Arm gebrochen hatte, mussten wir noch die ganze Nacht denken, zumal er noch operiert werden musste. Er war so wahnsinnig tapfer! Danach war es tatsächlich 2-3 Stunden ruhig  

Ich muss an dieser Stelle einmal BETONEN, dass die Erzieherinnen die Nerven behalten haben, alle Kinder liebevoll getröstet haben, ohne maulen, mit einer Selbstverständlichkeit die Kotze entfernt haben und das trotz des Schlafmangels, des Geruchs, der Verzweiflung, ob das je ein Ende haben würde – ein dickes Lob (und mehr) an Frau Riedel und Frau El-Haddad! Und Danke an Herrn Beck für die Unterstützung (Begleitung ins KHSColaversorgung und Bespielung der Kinder).

Am 17.4.14 wurden wir von einem weiteren, sich übergebenen Kind geweckt. Das sollte erst einmal das letzte sein. Nun ging alles ganz schnell. Wir räumten alles auf. Jedes Kind bekam Cola zum Frühstück und Salzstangen und half fleißig mit beim Aufräumen, Betten abziehen und Matratzen zurück räumen. Das Frühstück (Brötchen und Aufschnitt) wurde uns ins Haus gebracht, da wir in der Mensa nicht so wirklich gern gesehen werden wollten :D, als plötzlich das Telefon klingelte und uns mitgeteilt wurde, dass der Busfahrer schon früher da wäre und wir somit schneller nach Hause konnten.

Gesagt getan. Jedes Kind (was konnte und wollte) bekam eine Schrippe in die Hand und auf ging es in den Bus. Die Fahrt verlief einigermaßen ruhig, dort übergaben sich noch ein paar Kinder und fühlten sich schlapp, waren aber auch hier mehr als tapfer und geduldig und warteten auf unsere Ankunft. Um 13.20 Uhr konnten dann alle Eltern ihre Kinder in die Arme schließen und verwöhnen.

„Nachwort“: Diese Reise glich zum Ende hin einem Horrortripp. Als Mutter weiß man, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Kind sich übergibt und den Eimer eventuell nicht trifft, die Bettwäsche nicht schnell genug gewaschen werden kann, wie man sie benötigt und wie sehr das Kind leidet. Ich habe aber in diesen Tagen, gerade auch, weil es mir selbst so schlecht ging und ich mich kaum aufraffen konnte (P.: Oh nein, Frau Beck, bitte geh weg, du siehst so furchtbar aus!!!), einen riesen Respekt vor Ihren Kindern gehabt.

ALLE haben tapfer durchgehalten, waren füreinander da und auch ich habe tröstende Worte erhalten. Die Kinder waren großartig und auch die Erzieher, denen ich so dankbar bin. Sie haben es so toll gemeistert, ohne die Nerven zu verlieren und immer wieder an die Kinder gedacht und sich fast aufgeopfert. Ganz traurig bin ich, dass S. sich den Arm so ungünstig gebrochen hat, dass er noch dort im Krankenhaus bleiben muss und solche Strapazen durchmachen und unangenehme Erinnerungen mitnehmen muss. Das tut mir so wahnsinnig leid für ihn und seine Familie. Ich hoffe sehr, dass es ihm schon viel besser geht und wir sind in Gedanken bei ihm.

Ich danke allen Eltern, mit denen ich telefoniert habe, die ich persönlich gesprochen habe und denen, die ihre Kinder aus Zinnowitz abgeholt haben. Das hat uns viel Halt gegeben. Vor allem Ihr Vertrauen in uns, ohne dass wir das nicht gemeistert hätten. Und nun möchte ich doch noch einmal betonen, dass ich diese Reise sehr lehrreich in alle Richtungen fand und sie mir dennoch viel Spaß bereitet hat. Die Zeit mit Ihren Kindern war wundervoll. Das sage ich nicht so dahin, es ist wirklich so gemeint. Sie können so STOLZ auf Ihre Kinder sein! Wir werden mit den Kindern, die möchten, noch eine Übernachtung im Hort machen mit Disco und Film schauen, um noch einmal das nachzuholen, was die Kotzeritis verhindert hat. Hoffentlich kann uns das ein wenig entschädigen und an die schönen Tage denken lassen.

Danke an alle!

Franziska Beck
Projektleiterin EFöB an der Giesensdorfer Schule