Spielzeugfreie Tage in der Kita: Strafe oder Chance?

Unsere Kinder werden immer mehr von Spielsachen überflutet. Sei es die Verführung durch Werbungen im Fernsehen oder im Supermarkt, die Oma, die dem Enkel mal wieder viel zu viel zum Geburtstag geschenkt hat oder das prall gefüllte Osternest, welches (nicht nur aufgrund der Süßigkeiten) aus allen Nähten platzt. Man kann sich noch so sehr anstrengen, meistens lässt sich der Einzug von neuen und vor allem viel zu vielen Spielsachen zu Hause nicht vermeiden. Auch wir in der Kita bekommen das häufig zu spüren. Ab und an haben wir das große Glück, Spielzeugspenden zu erhalten, welche kaum konnten wir sie überhaupt durchschauen und sichten, schneller bei den Kindern landen, als wir gucken können. Der Überfluss an Spielsachen ist überall spürbar.

So kam bei uns in der Kita der Tag X, an dem es den Kindern einer unserer altersgemischten Gruppen, plötzlich sehr schwerfiel, vor lauter Vielfalt an Spielsachen diese auch wieder aufzuräumen. Wir bekamen zunehmend das Gefühl, das die Wertschätzung von Spielgegenständen immer mehr schwindet. Obwohl die Pädagog*innen bereits seit mehreren Wochen immer wieder mit den Kindern dieses Thema besprochen hatten, änderte sich nichts. Deshalb entschieden sie sich dazu, alle Spielsachen aus dem Raum in den Urlaub zu schicken, damit diese sich erholen können. Übrig blieben Decken, Kissen, Matten, Tücher und Bastelmaterial. Manchen Kindern war in diesem Moment der Schock ins Gesicht geschrieben und die Fragezeichen flogen nur so um die irritierten Kinderköpfe.

Doch bereits nach dem Mittagessen stellte sich so etwas wie Akzeptanz der neuen Situation bei den Kindern ein. Sofort wurde überlegt, was man aus den Dingen, die jetzt noch da waren, bauen oder basteln konnte. Dies gestaltete sich an den ersten beiden Tagen als sehr herausfordernd. Plötzlich musste man sich genau überlegen, was man braucht. Und was macht man, wenn das, was ich brauche, bereits ein anderes Kind hat? Schließlich waren die Gegenstände, die noch da waren, nur begrenzt verfügbar. Konflikte, die zu Beginn der spielzeugfreien Zeit noch eng von den Pädagog*innen begleitet wurden, wurden immer mehr selbstständig von den Kindern selbst gelöst. Neue Freundschaften wurden geschlossen zwischen Kindern, die vorher noch nie miteinander gespielt haben. Es werden Dinge hergestellt und gebastelt, wie Feuerlöscher oder Dinos, die für das kreative und fantasiereiche Spiel der Kinder in dem Moment eben gebraucht werden.

In den darauffolgenden Tagen wurde jeden Morgen im gemeinsamen Morgenkreis besprochen, warum die Spielsachen im Urlaub sind. Langsam stellte sich eine Ruhe und Entspanntheit in der Gruppe ein, von der neben den Kindern auch die Pädagog*innen profitierten.

Nach 9 Tagen spielzeugfreier Zeit wurden die Kinder gefragt, was sie sich am Allerliebsten zurückwünschen. Sie einigten sich auf die Kinderküche mit ein paar wenigen dazugehörigen Utensilien.

In den nächsten Wochen bespricht die Gruppe gemeinsam, welche Gegenstände aus dem Urlaub geholt werden und welche wieder zurück in die wohlverdiente Erholung gehen.

Was ist also unser Fazit? Spielzeugfreie Zeit in der Kita ist ein eine großartige Möglichkeit, die Kreativität der Kinder zu fördern, einen wertschätzenden Umgang mit Materialien und Spielsachen zu vermitteln sowie die Ausdauer und Konzentration zu stärken. Aber auch die Kommunikation, die Konfliktfähigkeit und der Teamgeist haben von dieser Zeit profitiert. Wir würden es immer wieder tun!

Annemarie Markus
Kita Lichterfelder Strolche