Es ist ein kleiner Geheimtipp in der Umgebung. Wer zwanglos eine gute Tasse Kaffee oder Tee trinken mag, sich nicht genötigt fühlen möchte, gleich ein teures Stück Cremetorte dazu zu bestellen und gemütlich ein wenig Zeit verbringen mag, geht ins Nachbarschaftscafé. Im Gutshaus Lichterfelde ist so eins – gemütlich eingerichtet, mit Selbstbedienung und für alle offen. Entweder bleibt man für sich, trifft sich mit Freunden oder zeigt sich offen. Dann dauert es meistens auch nicht lange und man kommt mit irgendwem ins Gespräch. Das ist die eigentliche Bestimmung dieses Cafés. Es gibt Menschen Raum zusammenzukommen und sich kennenzulernen. Das geht in jedem anderen Café auch mögt ihr denken, aber hier ist es anders.

Das Café wird seit vielen Jahren neben dem ganzen Nachbarschaftsbereich im Gutshaus von Manuela Kolinski organisiert. Dadurch kennt sie viele der Cafébesucher schon sehr lange und ist sozusagen gemeinsam mit ihnen älter geworden. Unter den Besucher*innen ist ein sehr freundlicher älterer Herr, der im Sommer wie Winter, als er noch besser laufen konnte, sehr regelmäßig zu Besuch kam und gemeinsame Zeit mit dem Team im Haus verbrachte. Er lebt allein und fühlt sich leider einsam. Nun hat er in den letzten Jahren gesundheitlich abgebaut, wodurch das Laufen und auch Autofahren ihm sehr schwerfällt. Dadurch fallen seine regelmäßigen Besuche weg. Er kann nur noch selten kommen. Manuela und eine Kollegin überlegten, wie sie dem älteren Herrn helfen könnten. Es gestaltete sich schwierig und eine Lösung war nicht in Sicht.

Manuela und die Kollegin überlegten also und dann stand Luba vor ihnen. In dem Moment wussten beide, was zu tun ist. Luba ist eine sehr herzliche, freundliche ältere Dame aus der Ukraine. Seit sie aus der Heimat geflüchtet ist, kommt sie ins Gutshaus, um Deutsch zu lernen und Kontakte zu knüpfen. Die beiden erklärten Luba das Problem des älteren Herren und wenige Augenblicke später war eine sehr schöne Idee geboren. Manuela lud den Herren und Luba zwei Tage später gemeinsam ins Café ein. Sie lernten sich kennen, besprachen, um was es geht und wer welche Wünsche hat.

Seither geht Luba ein bis zweimal in der Woche nach ihrem Deutschkurs den älteren Herren besuchen. Sie gehen gemeinsam für ihn einkaufen und kochen manchmal gemeinsam. Sie machen zusammen Besuche im Gutshaus, damit der Herr weiter seine Kontakte pflegen kann. Ganz nebenbei kann Luba sehr gut Deutsch lernen, denn beide führen ständig rege Unterhaltungen. Es ist eine schöne Freundschaft entstanden, bei der die gegenseitige Hilfe zur Nebensache geworden ist.

Also einfach nur ein Café? Bei Weitem nicht. Manuela und ihr Team heißen die Gäste willkommen. Sie schauen, ob und was ihre Besucher*innen brauchen. Sie sprechen Probleme an und suchen nach unkonventionellen Lösungen. Dabei freuen sie sich über jede Möglichkeit, Dinge auf den Weg zu bringen, die dem ein oder anderen das Leben etwas leichter machen. Dies sind die Geschichten, die Manuela seit sehr vielen Jahren an diesen Job, das Café und das Haus binden. Die Arbeit mit Menschen ist nicht immer einfach, aber mit dem Herz am richtigen Fleck und ein bisschen Feingefühl kann man doch viel für andere bewirken. In diesem Café dürft ihr kein Stück Cremetorte erwarten, aber immer ein offenes Ohr!