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oder Warum es hilfreich sein kann, ein Schulkind in einen Sarg zu legen

Die Frage, ob man diesen Film veröffentlichen sollte, hat sich mir kurz gestellt. Das Thema „Tod“ ist nämlich immer noch ein Tabuthema, und erst recht die Frage, ob und wie man es mit Kindern bearbeiten soll.

Als mich die Lehrerin einer sechsten Klasse der Insulaner-Grundschule ansprach, ob ich Lust hätte, mich filmisch an einem solchen Projekt zu beteiligen, war das für mich auch eine Herausforderung. Vor gut einem Jahr ist mein Vater an Krebs gestorben. Ich war also noch nah dran am Thema. Wie wird es in der Klasse bearbeitet? Kann ich mich dem Ganzen auf spielerische, kindgerechte Art und Weise nähern?

Glücklicherweise kannte ich die Klasse schon – mit ihr hatte ich rund ein Jahr zuvor den Film „Der rote Faden“ gedreht (ebenfalls unten verlinkt), und die Mischung aus angemessener Ernsthaftigkeit und leichtfüßiger Gesprächskultur, mit der hier geradezu philosophische Fragen rund um den Sinn des Lebens behandelt wurden, fand ich ungewöhnlich und beeindruckend. Daher sagte ich zu und war an mehreren Tagen am Projekt „Tod und Trauer“ beteiligt – und es war erneut ein unvergessliches Erlebnis.

Ich kam erst recht spät hinzu, als die Klasse schon mehrere Sitzungen hinter sich hatte. Die Kinder wussten sehr genau, was sie wollten und wie sie es umzusetzen gedachten. Sie hatten sich schon eine regelrechte Geschichte um den frühen Tod einer Mitschülerin ausgedacht, Rollen verteilt und auswendig gelernt. Das Ganze hatte nichts Reißerisches, auch nichts Albernes – aber es wurde mit kindlicher Freude (ja, trotz der Thematik) bearbeitet und umgesetzt. Schnell entstand ein kreatives Miteinander, so dass die Aktionen der Kids und die Filmbilder zusammenpassten.

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Etwas ganz Besonderes war auch der Besuch in einem Bestattungsinstitut. Es war merkwürdig (nicht auf unangenehme Weise), wie die Kinder diese Räume mit Leben füllten, wie sie die Atmosphäre aufsaugten und eine neue schufen. Im Zuge dieses Besuches wurde eines der Mädchen zurechtgemacht und legte sich in einen Sarg. Die anderen spielten dann die Trauer, sprachen mit der „Toten“, sagten sowohl vorbereitete wie spontane Dinge. Unter Anleitung der Bestatterin wuschen sie die „Leiche“, einige beteten, andere saßen nur da. Die im Film gezeigten Tränen sind natürlich nicht echt (Zwiebeln halfen dabei), aber dieser ganze Tag, diese ganze Stimmung war geprägt von Empathie und Sensibilität. Ernst und Spaß lagen nicht nur dicht beieinander, sondern liefen parallel. Übrigens waren natürlich alle Eltern im Vorfeld informiert und einverstanden.

Ich hoffe, der Film macht deutlich, wie unvergesslich dieses Projekt war. Ich bin sehr froh, ein Teil davon zu sein.

Hier nun der Film „Projekt Tod und Trauer“:

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Projekt Tod und Trauer from Jörg Backes on Vimeo.

Und der Vollständigkeit halber hier auch noch der Film „Der rote Faden“ (mit derselben Klasse gedreht), dessen wiederkehrendes Motiv in beiden Filmen vorhanden ist:

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Der rote Faden from Jörg Backes on Vimeo.

Vielen Dank an die ganze Klasse für diese Erfahrung.

Jörg Backes
Projektleitung Kinder- und Jugendhaus Immenweg