Kunstgruppen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit

Es war schon schwierig genug, auf das Gefühl zu kommen, das momentan bei ihm vorherrschend ist. Und jetzt auch noch ein Bild davon malen? Eigentlich hat der 12-jährige Oktay nicht wirklich Lust darauf – aber andererseits ist es eine Herausforderung, der er sich gern stellen würde. Dann fällt die Entscheidung: „Wut“ möchte er gerne zum Ausdruck bringen. Wut auf den Stress, den er heute in der Schule hatte, Wut auf diesen weniger guten Tag, und vielleicht auch ein bisschen Wut darüber, dass er ein Gefühl in ein Kunstwerk übertragen soll. Ist ja wie Schule hier!

Und dann legt er los. Packt sich Pinsel und Farbe, überlegt es sich, nimmt lieber das Zeitungspapier, knüllt und klebt, faltet und arrangiert: Es ist die spontane Übertragung seines Gefühls, und am Ende steht ein beeindruckendes Collage-Kunstwerk, das zum „Bild des Monats“ gewählt und im offenen Bereich der „Imme“ ausgestellt wird. Und jetzt ist Oktay stolz – dass er es hingekriegt hat, und dass er von allen Seiten positive Rückmeldungen zu seinem Bild bekommt.

Das Kinder- und Jugendhaus Immenweg besteht seit über zehn Jahren und macht vielfältige, erfolgreiche, offene Arbeit. Die Liste der (kostenlosen) Angebote ist lang und abwechslungsreich, und seit fast zwei Jahren gehören dazu auch die Kreativitätskurse, die von der Mitarbeiterin Maria Skrzypiec-Eißfeller ins Leben gerufen wurden. Sie ist ausgebildete Kunsttherapeutin, und es war die Liebe zur Kunst, die sie auf die Idee brachte, den Kindern und Jugendlichen der Einrichtung etwas zu bieten, was über herkömmliche Malgruppen weit hinausgeht.

Daher wird es auch kaum vorkommen, dass man den wunderbar gestalteten Kunstraum betritt und einfach nur ein paar Kinder beim Malen von Regenbogenbildchen sieht – schon an den Wänden kann man die faszinierenden Bilder sehen, die im Laufe der Zeit erschaffen worden sind. Hier geht es nicht um Malen um des Malens Willen – hier wird Kreativität gefördert, und damit auch ein Stück Persönlichkeitsentwicklung.

„Jedes Kind ist völlig frei darin, etwas zu gestalten, und bekommt dabei genau die Unterstützung und Anleitung, die es braucht“, sagt Maria Skrzypiec-Eißfeller. „Manche Kinder nutzen die Kunst, um über sich, über Probleme, über alle möglichen Themen zu reden“, sagt sie, „aber niemand wird gezwungen, sein Seelenleben zu offenbaren.“ Während ein Kind die Kunstgruppe nutzt, um etwas ganz für sich zu malen, braucht ein anderes vielleicht ein Einzelgespräch, um darüber zu reflektieren. Wie auch immer man das Angebot wahrnimmt: Es ist kostenlos, es ist ungezwungen, es macht Spaß – und alle Kinder in den momentan drei Gruppen (nach Altersstufen getrennt) sind begeistert. Regelmäßig werden auch Ausflüge in Museen gemacht, um neue Horizonte zu eröffnen.

Wer Lust hat, kann einfach vorbeikommen und mitmachen. Das Video vermittelt einen ganz guten Eindruck, und vielleicht gibt es ja Eltern, aber auch LehrerInnen oder PädagogInnen, die sich vorstellen können, dass das was für ihr Kind wäre. „Kunst ist meine Leidenschaft“, sagt Maria Skrzypiec-Eißfeller, „und das möchte ich gerne weitergeben.“ Mit ihren Kreativgruppen hat sie dieses Ziel erreicht. Und Oktay wird auch weiterhin von diesem Angebot profitieren.

Jörg Backes
Projektleiter Kinder- und Jugendhaus Immenweg


YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden