computer-1185626Bei JugendNotmail bieten ehrenamtliche Online-Berater Hilfe zur Selbsthilfe

„Liebe Berater von JugendNotmail, ich bin Jessica, 27 Jahre alt, und komme aus Mönchengladbach. Ich bin Inhaberin einer Familienvideothek sowie Masterstudentin der Psychologie an der FU Hagen. Ich habe bereits mehrere Monate in einer stationären Einrichtung für psychisch kranke Erwachsene gearbeitet und ebenso in einem Zentrum für hochbegabte Kinder und Jugendliche.“ Das sind die Begrüßungsworte der 100. ehrenamtlichen Online-Beraterin bei JugendNotmail, dem kostenlosen und anonymen Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche in seelischer Not.

Dem ehrenamtlichen Einsatz der Berater ist es zu verdanken, dass die eingehenden Hilferufe schnell und unkompliziert beantwortet werden. „Vor gut zwei Jahren noch mussten wir die Beratungsplattform häufig schließen, da unser damaliges kleines Team den Ansturm der Notmails nicht mehr bewältigen konnte. Es entstanden lange Wartelisten“, berichtet Claudine Krause, Gründerin und 1. Vorsitzende von jungundjetzt e.V.. Dank einer offensiven Suche in den vergangenen Monaten hat sich die Anzahl der Berater mittlerweile nahezu verdoppelt und die Bearbeitung der E-Mails erfolgt nun wieder deutlich schneller. „Wir sind aber immer auf der Suche nach beratungserfahrene Personen, die einen akademischen Abschluss in Psychologie, Sozialpädagogik oder eine Zusatzausbildung zum Beispiel in psychologischer oder systemischer Beratung besitzen sollten“, so Krause.

Vor Beginn der Beratungstätigkeit wird jeder Bewerber in einem Einführungsworkshop anhand von konkreten Beispielen zu den Besonderheiten der Online-Beratung sowie zur Nutzung der Beratungssoftware geschult. Danach werden die Berater während ihrer gesamten Tätigkeit mit E-Mail-Coaching und Fortbildungen begleitet. Den zeitlichen Einsatz legt jeder Berater selbstständig und flexibel fest. Wünschenswert ist ein Einsatz von 3 bis 4 Stunden in der Woche.

Interview mit Jessica Plücken, 100. Beraterin bei JugendNotmail

Warum engagierst du dich ehrenamtlich bei JugendNotmail?

Vielen Kindern und Jugendlichen mit Problemen könnte man durch Zuhören und Unterstützung einfach weiterhelfen. Es ist bis dato leider immer noch so, dass psychische Erkrankungen oder Leiden als Tabu-Thema in der Gesellschaft angesehen werden. Deshalb freue ich mich, als Online-Beraterin bei JugendNotmail nun einen kleinen Beitrag leisten zu können, Jugendlichen mit Problemen weiterzuhelfen. Wir bieten ihnen eine anonyme Anlaufstelle, wo sie in ihrer subjektiv schweren Zeit Unterstützung und Halt finden.

Was machst du ‚hauptamtlich‘?

Hauptberuflich bin ich Masterstudentin der Psychologie im 3. Semester der Fernuniversität Hagen. Daneben bin ich Inhaberin einer Familienvideothek.

Wie bist du auf JugendNotmail aufmerksam geworden?

Ich war auf der Suche nach einer Praktikumsstelle, die sich mit meinem Studium und Job vereinbaren lässt. Bei Google bin ich auf eine Anzeige von JugendNotmail gestoßen und habe mir die Homepage des Vereins angeschaut. Was ich sah und las – Fortbildungsangebote, Coaching, etc. – hat mir gut gefallen und ich habe mich daher als Online-Beraterin beworben.

Was wird von dir erwartet?

Die Unterstützung von Jugendlichen in seelisch schwierigen Situationen. Wir beraten zu 13 verschiedenen Themen wie z.B. Depressionen, Selbstverletzung oder Suizidgedanken. Oftmals trauen sich die jungen Leute nicht, mit ihrem Umfeld über ihre Probleme zu sprechen. Bei JugendNotmail können sie anonym Kontakt aufnehmen, wir nehmen sie ernst und gehen individuell auf ihre Anliegen ein.

Was sind die Herausforderungen für dich?

Die Vielfalt an Fragen und Problemen sowie die Tatsache, dass der Mensch auf der anderen Seite ein völlig Unbekannter ist, mit dem man lediglich schriftlich kommuniziert, ist neu für mich. Anhand des geschriebenen Wortes ist es viel schwieriger, Emotionen und Reaktionen zu erkennen, als wenn man sich persönlich gegenüber sitzen würde. Mich reizt die Aufgabe, sich dem Problem durch Fragen und Nachfragen zu nähern, eine vertrauensvolle Kommunikation aufzubauen und so dem Jugendlichen lösungsorientiert weiterzuhelfen.

Was bringt dir dein ehrenamtliches Engagement?

Ich möchte jungen Menschen in für sie schwierigen Lebensphasen Unterstützung bieten, um möglichst vielen von ihnen wieder ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das Leben ist nicht immer nur schön, aber man darf sich auch in harten Zeiten nicht unterkriegen lassen. Diese Botschaft möchte ich den Jugendlichen gerne weiter geben.

Amelie Schwierholz

Informationen:
jungundjetzt e.V.
Chausseestraße 28,
14109 Berlin-Wannsee
Telefon 030 – 804 966 93

www.jugendnotmail.de

szs_mittelpunkt_september-2016_titelEin Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ September/Oktober 2016 mit dem Leitthema „Bürgerschaftliches Engagement“
Das ganze Magazin können Sie als eBook oder interaktives Pdf herunterladen, die gedruckte Version, einschließlich dem Einleger mit allen Veranstaltungen des SzS, finden Sie in unseren Einrichtungen.