Pressemitteilung des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. vom 17. Oktober 2024

Der vom Berliner Senat verfügte Stopp für Bewilligungen und Zuwendungen vom 1. Oktober bis zum 30. November 2024 stellt eine ernsthafte Bedrohung für die soziale Infrastruktur dar.

In der dritten Änderung der Verwaltungsvorschriften für das Haushaltsjahr 2024 heißt es: „Ab dem 1.Oktober 2024 ist jegliches Verwaltungshandeln, das im Zusammenhang mit der Bewilligung von Zuwendungsbescheiden und dem Abschluss von Zuwendungsverträgen oder Zuschüssen steht und auf eine Auszahlung ab dem Haushaltsjahr 2025 gerichtet ist, zu unterlassen. Die Regelung gilt bis zum 30. November 2024.“ Das bedeutet, dass Projekte, die auf die Auszahlung im Jahr 2025 angewiesen sind, nun mit Unsicherheit und möglichen Verzögerungen in ihrer Finanzierung konfrontiert werden.

Akute Gefahr für bestehende Angebote und gefährdete Gruppen

Unsere stellvertretende Geschäftsführerin im Stadtteilzentrum Steglitz e.V., Vanessa Schwartz, warnt vor weiteren Einsparungen im sozialen Bereich: „Wir als Stadtteilzentrum leisten seit fast 30 Jahren mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln – die insgesamt nie ausreichend waren – elementare Arbeit. Weitere Kürzungen bedeuten für uns eine erhebliche Einschränkung. Das heißt konkret: den Wegfall wichtiger Familienangebote, kürzere Öffnungszeiten unserer Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie weniger Angebote in den Nachbarschaftseinrichtungen, etwa für Senior*innen.“

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin, ein Dachverband, der über 800 gemeinnützige Organisationen vertritt, macht auf die gravierenden Folgen aufmerksam: „Fehlende Planbarkeit gefährdet die bestehende soziale Infrastruktur.“ Besonders betroffen sind Organisationen, die Zuwendungen erhalten und deren Angebote für Menschen in Notlagen unerlässlich sind. Soziale Arbeit leistet nicht nur Hilfe, sondern stabilisiert das gesellschaftliche Gefüge in Berlin. Kürzungen in diesem Bereich würden direkt auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen – wie Obdachlose, pflegebedürftige Menschen oder Kinder aus sozial benachteiligten Familien.

Kürzungen kosten mehr, als sie einsparen

Vanessa Schwartz warnt: „Langfristig führen weitere Kürzungen dazu, dass Familien schneller in Krisensituationen geraten, Kinder und Jugendliche keine Räume und Betreuung haben und ältere Menschen stärker vereinsamen. Die dadurch entstehenden finanziellen und gesellschaftlichen Kosten übersteigen die jetzigen Einsparungen – von den individuellen Folgen in unserem Stadtteil ganz zu schweigen”

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt davor, dass Kürzungen langfristig zu höheren Ausgaben führen: „Wer jetzt bei Präventionsangeboten kürzt, hat in Folge immense Kosten für Hilfeleistungen.“ Angebote wie Jugendarbeit, Nachbarschaftsarbeit und Suchthilfe verhindern oft schwerwiegendere Probleme, die weit höhere soziale und finanzielle Kosten verursachen.

Die Sorge ist groß, dass ohne rechtzeitige Förderzusagen hunderte Fachkräfte die Branche verlassen könnten. „Einige von ihnen werden wahrscheinlich andere Angebote aus der freien Wirtschaft annehmen“, heißt es seitens des Wohlfahrtsverbands weiter. Dies würde die Kontinuität der sozialen Arbeit gefährden und den Vertrauensaufbau zwischen Betroffenen und Fachpersonal erschweren.

Kritik an den Aussagen des Finanzsenators

Finanzsenator Stefan Evers erklärte am 8. Oktober 2024, „Berlin muss in Zukunft mit weniger Geld besser funktionieren.“ Er betonte, dass die Konsolidierung keinen „sozialen Kahlschlag“ bedeute, sondern eine Konzentration auf das Wesentliche. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Gerade im sozialen Bereich sind Einsparungen keine Effizienzgewinne, sondern schmerzliche Kürzungen. Die Annahme, dass „weniger Geld“ ausreicht, um die wachsenden sozialen Herausforderungen in Berlin zu bewältigen, ignoriert die Komplexität und Dringlichkeit der notwendigen Hilfsangebote. Es bedarf nicht weniger, sondern mehr Unterstützung, um die Teilhabe von Berlinerinnen und Berlinern sowie das soziale Gefüge der Stadt zu sichern.

Berlin darf bei der sozialen Arbeit nicht sparen

Gerade in einer Stadt wie Berlin, die mit großen sozialen Herausforderungen konfrontiert ist, darf im sozialen Bereich nicht gespart werden. Soziale Angebote und präventive Maßnahmen sorgen für gesellschaftliche Stabilität und entlasten auf lange Sicht den Staat. Der Paritätische Wohlfahrtsverband betont: „Ein Einfrieren der Fördersummen für die soziale Arbeit ist aufgrund der enormen Kostensteigerungen des letzten Jahres schon jetzt eine faktische Kürzung.“

Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. schließt sich dem Appell an und fordert den Berliner Senat auf, den sozialen Bereich nachhaltig zu sichern:

„Berlin muss seine Verpflichtung zur sozialen Sicherung und Chancengleichheit ernst nehmen, wie es in der Verfassung festgelegt ist.“

Unser Leitbild: „Wir gehen davon aus, dass wir die Welt verändern können.“