theaterSpielen ist für eine gesunde Entwicklung eines Menschen unabdingbar.

Die kindliche Spielentwicklung beginnt bereits im Säuglingsalter und wird mit zunehmendem Alter immer komplexer. Kinder beginnen im Alter von 3 – 4 Jahren mit Rollenspielen und unternehmen dadurch erste Reflexionen ihrer Umwelt und imitieren Interaktionen ihnen bekannter Lebensformen. Bis weit in die Grundschulzeit lernen sie so sozial akzeptiertes Verhalten, welches sich vorwiegend in gesellschaftlichen Rollennormen bewegt.

Das Theaterspiel nutzt diese Basis und ermöglicht Menschen Zugang zu unendlich vielen Realitäten. Es bietet Freiraum, Gefühle und Gedanken kennenzulernen und auszudrücken, ohne mit Konsequenzen im richtigen Leben rechnen zu müssen.

Ein Einlassen auf die „Als-ob-Realität“ versetzt die Teilnehmenden in die Lage, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, sich mit Kreativität in eine Handlung einzubringen und  das eigene Körpergefühl und die Selbstwahrnehmung zu schulen. Es zeigt außerdem Wege auf, eine selbstbewusste Person zu werden, die sich ihrer Interessen und Fähigkeiten bewusst ist und diese in vielen Lebenslagen durch/- und umsetzen kann.

Es regt dazu an, soziale Kompetenzen und Verhaltensweisen zu entwickeln, zu überdenken oder zu vertiefen. Gerade in der ereignisarmen Erlebniswelt vieler Kinder und Jugendlicher – die zunehmend vorm Display stattfindet – ist es unbedingt notwendig, echte Erfahrungen zu machen. Theaterspiel bietet dies trotz der teilweise naturgemäß fiktionalen Inhalte. Es findet statt – das ist das Wichtigste.

Dadurch, dass jeden Menschen etwas bestimmtes auszeichnet, ist es immer möglich, an einem Theaterspiel teilzunehmen. So kann beispielsweise der/die Schüchterne eine Rolle mit entsprechenden Attributen übernehmen. So kann es gelingen – jeden Menschen – ob klein – groß, dick – dünn, schwarz – weiß, stumm – laut, beeinträchtigt oder Überflieger – in eine Gruppe zu integrieren. Wichtig ist Mitsprache, ob mit oder ohne Sprache.

Theaterspiel ist allerdings nicht ausschließlich pädagogisch wertvoll, sondern wird auch als Therapieform eingesetzt. Patienten kommt dies oft zu Gute, da sie im
Spiel frei von Anforderungen und Befürchtungen – für eine bestimmte Zeit – aus einem (Familien-) System aussteigen können. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass zum Theaterspiel unbedingt eine Aufführung vor Publikum gehört. Egal ob bei einer Therapie, bei welcher es vielleicht vorrangig um direktes Feedback geht oder wegen des brausenden Applauses nach einer Premiere.

Theaterspiel darf aber auch einfach nur Spaß machen; so wie bei Lizzy* aus dem Schülerclub an der Alt-Lankwitzer-Grundschule. Sie spielte die Hauptrolle in einem Kurzfilm, der im Schülerclub gedreht wurde.

Ihre Mitschülerin Sizzy* (*Namen geändert)hat sie einige Tage danach zu einem Exclusivinterview getroffen:

Sizzy: Wie war es für dich, die Lehrerin zu spielen?

Lizzy: Es war schön und aufregend.

Sizzy: Wie kamst du mit deinen SchauspielkollegInnen klar?

Lizzy: Eigentlich kam ich mit allen ganz gut klar. Ein paar Kinder waren nicht so beeindruckt, weil sie nicht die Hauptrolle spielen durften.

Sizzy: Kannst du dir vorstellen, noch einmal einen Film im Schülerclub zu drehen?

Lizzy: Ja klar! Jederzeit gerne!

Sizzy: Hast du den Film schon gesehen und wie hat er dir gefallen?

Lizzy: Kann man nicht in Worte fassen. Einfach Wow! Haben wir alle gut gemacht.  Der Schnitt hat auch gute Arbeit gemacht.

Sizzy: Welche Rolle würdest du in der Zukunft gerne mal spielen?

Lizzy: Ich würde gerne einmal jemand Bösen spielen.

Sizzy: Vielen Dank für das Interview.

Viele GehirnforscherInnen halten Musik, Sport und Theater für die wichtigsten Schulfächer. Wir auch!

Katrin Hemmerling und Merlin Ahnen-Klan
Schülerclub an der Alt-Lankwitzer Grundschule

Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ – Juli/August 2016