Nachdem es bereits im März 2021 Berichte in verschiedenen Berliner Medien über den Beginn staatsanwaltlicher Ermittlungen gegen Frau Senatorin Breitenbach, Herrn Staatssekretär Tietze und den Präsidenten des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Herrn Straßmeir gab, erschienen in der Presse in dieser Woche wieder Berichte über die Rechtmäßigkeit der Förderung des Projektes „Netzwerk Berlin hilft“ durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Die Medienberichte beziehen sich auf einen Bericht der Innenrevision der Senatsverwaltung, der dem Stadtteilzentrum Steglitz e.V. nicht vorliegt, da er offiziell als „vertraulich“ bezeichnet wird.

Die im März zitierten Ermittlungen wegen „Untreue-Verdachts“ im Zusammenhang mit der Bewilligung des Förderprojekts Netzwerk “Berlin hilft” ergeben sich aus Strafanzeigen des Abgeordneten H. Bachmann (AfD) im Oktober 2020, nach der Berichterstattung über die Bewilligung des Projektes und entsprechende Konflikte zwischen der Senatorin und dem LAF Anfang desselben Monats.

Gemäß dieser Berichterstattung sollen seitens des Präsidenten des LAF rechtliche Bedenken geäußert worden sein wegen der „rückwirkenden Bewilligung“ für das Jahr 2019.  In der Folge seien zudem Zweifel geäußert worden, ob alle Bedingungen des Zuwendungsbescheides erfüllt worden und ob Zweck und Ziel des Projekts „Netzwerk Berlin hilft“ nachprüfbar seien.

Durch die aktuelle Berichterstattung wurde teilweise der Eindruck erweckt, dass es ein Fehlverhalten des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. gegeben habe bzw. es zu Mängeln oder Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung der bewilligten Zuwendung gegeben haben könnte. Bei einer Prüfung der Akten soll es – gemäß der Berichterstattung – zudem Hinweise darauf gegeben haben, dass das Stadtteilzentrum Steglitz bewusst und schuldhaft gegen rechtliche Vorgaben verstoßen hat. Diese Andeutungen und unberechtigten Vorwürfe weisen wir entschieden zurück. Insbesondere verwehren wir uns gegen die Andeutung, das Stadtteilzentrum hätte irgendwelche Zahlungen an das „Netzwerk Berlin hilft“ geleistet, die nicht durch eine entsprechende vertragliche Regelung und entsprechende Leistungserbringung gerechtfertigt seien („Scheinrechnungen“). Dies entspricht nicht der Wahrheit. “Berlin hilft” hat uns schriftlich dargelegt, welche Leistungen durch Dritte im Rahmen des Projekts erbracht wurden. 

Nachfolgend dokumentieren wir die Historie des Projektes „Netzwerk Berlin hilft“ seit 2016. Hiermit machen wir deutlich, dass das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. das Projekt von Anbeginn an so umgesetzt hat, wie es beantragt und bewilligt worden war:

Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. ist im Jahr 2016 auf Vermittlung des PARITÄTischen Wohlfahrtsverbandes von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS) gebeten worden, die formale Trägerschaft für das Projekt „Netzwerk Berlin hilft“ zu übernehmen.

Das Netzwerk Berlin hilft war Mitte 2015 auf dem Höhepunkt der sogenannten „Flüchtlingskrise“ entstanden: Ausgangspunkt waren die desaströsen Zustände auf dem Gelände des LaGeSo und die Unfähigkeit der Berliner Verwaltung zu diesem Zeitpunkt die Lage dort in den Griff zu bekommen.

Hilfe durch die Zivilgesellschaft wurde seinerzeit vor allem über Facebook und dort jeweils über geschlossene Gruppen organisiert, die sich jedoch i.d.R. auf einzelne Stadtteile bezogen. Eine berlinweite Übersicht fehlte – bis das Netzwerk Berlin hilft diese geliefert hat. Von September 2015 an hatte das Netzwerk Berlin hilft aktiv mit dem damals vom Senat eingerichteten Krisenstab (LKF) kooperiert, der verwaltungsübergreifend versucht hatte, die Notsituation zu organisieren.

Bereits von Oktober 2015 an hatte das Netzwerk Berlin hilft die Koordination der ehrenamtlichen Helfer*innen in der Notunterkunft Messehalle übernommen und dies bis Herbst 2017 nach dem Umzug ins ICC fortgeführt.

Darüber hinaus wurden – ausgehend von den vielen Fragen zu Abläufen, Leistungen und Asylverfahren von ehrenamtlichen HelferInnen – zentrale Informationen erarbeitet und über digitale Kanäle zur Verfügung gestellt. Seit 2016 organisierte das Netzwerk Berlin hilft darüber hinaus Info-Veranstaltungen und Schulungen.

Vor diesem Hintergrund und entsprechend dem politischen Willen des Berliner Abgeordnetenhauses entwickelte die Senatsverwaltung die Voraussetzungen dafür, das aus ehrenamtlichem bürgerschaftlichem Engagement entstandene Projekt zu verfestigen und finanziell abzusichern. Für das Jahr 2017 wurden durch SenIAS hierfür 40.000 Euro aus sog. „Masterplanmitteln“ bewilligt – zweckgebunden für die Arbeit des genannten Projekts.

Da es sich beim Netzwerk Berlin hilft um einen Zusammenschluss von engagierten Einzelpersonen ohne gemeinsame Rechtsform handelte, die als solche keine öffentlichen Zuwendungen erhalten konnten, entschied sich die Senatsverwaltung dafür, einen ihr bekannten erfahrenen und seriösen Träger als formalen Zuwendungsempfänger einzusetzen.

Diese Aufgabe haben wir auf Bitten des Senats als Stadtteilzentrum Steglitz e.V. – absolut unentgeltlich – übernommen, da es uns ein wichtiges Anliegen war und ist, gesellschaftlich notwendiges Engagement im Rahmen unserer Möglichkeiten organisatorisch und mit Know-How bestmöglich zu unterstützen.

Unter Vermittlung der Senatsverwaltung wurde zwischen dem Netzwerk Berlin hilft und dem Stadtteilzentrum Steglitz e.V. ein entsprechender Kooperations-/Dienstleistungsvertrag geschlossen.

Bezugnehmend auf das mit SenIAS abgestimmte inhaltliche Konzept bzgl. der konkreten Arbeit vom Netzwerk Berlin hilft regelt der zum 1.1.2017 in Kraft getretene Kooperationsvertrag

  • die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit sowie
  • die Grundlagen für die Rechnungstellung durch das Netzwerk Berlin hilft an das Stadtteilzentrum Steglitz e.V..

Bei diesem Kooperationsvertrag wurde – entsprechend dem politischen Willen und den Vorgaben des Berliner Senats – großer Wert darauf gelegt, dass das Netzwerk Berlin hilft auch in Zukunft weitestgehend unabhängig arbeiten und agieren kann und nicht vom formalen Träger vereinnahmt wird.

Unter anderem ist in dieser Vereinbarung auch geregelt worden, dass das Netzwerk Berlin hilft selbstverantwortlich bestimmen und benennen kann, wer Rechnungen gegenüber dem Stadtteilzentrum Steglitz stellt. In dem Dienstleistungsvertrag zwischen dem Stadtteilzentrum Steglitz e.V. und dem Projekt Netzwerk Berlin hilft ist in § 10, 5. Absatz explizit vereinbart: „Der Auftragnehmer ist berechtigt, Teile des Auftrags an Dritte zu übertragen und diese als Rechnungsstellende gegenüber dem Auftraggeber zu benennen.“

Seitens des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. wurde während der gesamten Projektlaufzeit die volle Fördersumme ohne jedweden Abzug für Verwaltungskosten dem Netzwerk Berlin hilft zur Verfügung gestellt. Ferner gab es im Zuge der obligatorischen Prüfung der ordnungsgemäßen Verwendung (zahlenmäßiger Nachweis und Sachbericht) der Fördermittel zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Beanstandungen.

Im Jahr 2018 wechselte die Zuständigkeit für die Bearbeitung der Zuwendungen von SenIAS an das LAF. Der Bewilligungsbescheid für das Jahr 2018 wurde bereits vom LAF (und nicht mehr von SenIAS) in gleicher Höhe und für den identischen Zuwendungszweck wie 2017 erteilt. Es gab in Bezug auf die Umsetzung und den formalen Rahmen (Kooperations-Dienstleistungsvertrag) keinerlei neue oder andere Vorgaben als im Vorjahr.

Erst in Anhörungen in der zweiten Jahreshälfte 2018 (und später dann auch ein weiteres Mal in 2019) wurde diese Konstruktion thematisiert. Nach Auffassung des LAF wäre – in der Rückschau – eine andere zuwendungsrechtliche Form der Mittelvergabe (nach Nr. 12 der AV zu § 44 LHO) besser geeignet gewesen als die 2017 gewählte. Zudem bemängelte das LAF, dass für das Projekt kein ordnungsgemäßes Ausschreibungs- / Vergabeverfahren durchgeführt worden sei, sondern das Projekt direkt von der Senatsverwaltung beauftragt wurde (was sich aus der oben beschriebenen Darstellung nachvollziehen lässt).

Auf unsere umfangreichen Antworten zu den o.g. Anhörung habe wir übrigens niemals Rückmeldungen vom LAF bekommen. Stattdessen wurden uns Bewilligungsbescheide übersandt, die im Wesentlichen die bisherige Praxis fortschrieben. Vor diesem Hintergrund durften wir davon ausgehen, dass unsere Erläuterungen in der Sache hilfreich und plausibel waren und seitens des LAF keinerlei weitere Bedenken gegen die geübte Praxis bestehen.

Ende 2018 haben wir für das Haushaltsjahr 2019 einen neuerlichen Zuwendungsantrag gestellt, der in Bezug auf Inhalt, Zweck und Höhe der Zuwendung dem entsprach, was 2017 und 2018 beantragt und bewilligt worden war.

Dieser Antrag wurde trotz unserer mehrfachen Nachfragen nicht beschieden – das heißt weder positiv noch ablehnend. Das gesamte Jahr 2019 hinweg haben wir immer wieder um Mitteilung zum Stand der Bearbeitung unseres Antrages gebeten, vom LAF hierzu aber keine verbindliche Antwort erhalten. Stattdessen wurden immer wieder formale Aspekte und Fragen aufgeworfen, zu denen wir stets vollumfänglich Stellung genommen haben.

Erst im Januar 2020 haben wir den Bescheid des LAF zu unserem am 21.12.2018 gestellten Förderantrag für das Jahr 2019 erhalten. Die in der Berichterstattung beschriebene „nachträglich rückwirkende Bewilligung“ ist demzufolge nicht durch das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. verursacht worden. Vielmehr waren die Hintergründe dieses Vorgangs für uns nicht transparent oder gar beeinflussbar. Von Konflikten im Hintergrund zwischen SenIAS und LAF erfuhren wir dann nachträglich aus der Presse.

Das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. hat seit 2017 sichergestellt, dass das Projekt Netzwerk Berlin hilft so wie beantragt und bewilligt arbeiten konnte. Wir haben entsprechend der vertraglichen Vereinbarung unsere Aufgaben ordnungsgemäß durchgeführt und dies umfänglich dokumentiert, ohne für diesen zusätzlichen Arbeits- und Verwaltungsaufwand auch nur einen einzigen Cent in Rechnung zu stellen. Nochmal: Die bewilligte Zuwendung ist zu 100 Prozent ohne jedweden Abzug in die Arbeit des Netzwerk Berlin hilft geflossen.

Die gesamte beschriebene Dokumentation kann von Pressevertreter*innen – nach vorheriger Terminabsprache – bei uns eingesehen werden.

Wir betrachten es als unsere Aufgabe, Projekte wie das „Netzwerk Berlin hilft“ organisatorisch und administrativ zu unterstützen und so die Arbeitsfähigkeit solcher Projekte und Initiativen zu sichern und zu befördern. Dies entspricht dem Arbeitsauftrag und dem eigenen Anspruch aller Berliner Nachbarschafts- und Stadtteilzentren, die sich der Förderung bürgerschaftlichen Engagements verpflichtet fühlen.

Bis heute haben wir weder von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, noch vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten eine schriftliche Information über das Ergebnis der internen Prüfung des Vorgangs erhalten. Wir erfahren lediglich aus der Presse, was in diesem Zusammenhang offenbar an Kritik am Netzwerk Berlin hilft und am Stadtteilzentrum Steglitz im Raum steht.

Uns bestürzt sehr, dass wir nun scheinbar zwischen die Fronten eines Konfliktes zwischen Senatsverwaltung und LAF geraten sind, der seinen Ursprung offensichtlich in einem ganz anderen Kontext hat. Und wir hoffen sehr, dass dieser Konflikt nicht weiterhin auf dem Rücken des Stadtteilzentrum Steglitz e.V. oder des Netzwerk Berlin hilft ausgetragen und für Wahlkampfzwecke missbraucht wird.

 

Berlin, den 25.06.2021
Thomas Mampel
Geschäftsführung Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
mampel[at]stadtteilzentrum-steglitz.org
Telefon 030 85 40 11 717