Öffentlichkeitsarbeit im Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
Windows 95 kommt auf den Markt, der Krieg in Bosnien wird endlich beendet und Christo verpackt den Reichstag für zwei Wochen … 1995. Währenddessen sitzen ein paar Straßen weiter eine Handvoll Menschen in einem kleinen Büro. Sie wollen anfangen, die Welt zu verändern und gründen einen sozialen Verein. „Dienstleistungen für Menschen in Lankwitz“ bietet der Nachbarschaftsverein Lankwitz auf einem Din A5 Handzettel an, der Geschäftsführer hat seine erste Visitenkarte und eine Internetseite gab es auch sehr bald, das „Nachbarschaftsnetz“ …. www.lankwitz.de. Öffentlichkeitsarbeit war von der ersten Stunde dabei.
In den Wochen und Monaten nach der Vereinsgründung war Öffentlichkeitsarbeit, noch weit entfernt davon diesen Namen zu tragen, bittere Notwendigkeit. Der Kiez, die Nachbarn und der Bezirk mussten erst einmal erfahren, dass sich dort ein Verein gründete, der Gutes tun wollte. Die Glasfront des Büros wurde als Informations- + Werbefläche für Handzettel vermietet. Auch eine Nachbarschaftszeitung gab es in diesen frühen Tagen. Erst als Nachbarschaftsbote, der in Din A4 auf dem Kopierer vervielfältigt wurde. Später erschien die Zeitung als „Lankwitzer Zeitung“, die mit einer Auflage von 3000 Stück der Leserschaft wichtige Bezirks- und Vereinsnachrichten erzählen durfte. Auf einem ersten Briefumschlag wurde es konkreter, was man dort erwarten konnte: NachbarschaftsCafé, HandwerkerHilfe, FamilyManagement, Beratung zu Thema Arbeit … Männer- + Frauengruppen, Umweltfahrkartensharing, Internet-Schnupperkurse und vieles, vieles mehr. Entweder war es nach diesem Kuvert gleich ein Riesenverein oder die ersten Mitarbeiter*innen waren äußerst kreative Menschen, vielseitig und ideenvoll. Man neigt zu lächeln, wüssten wir nicht, was 25 Jahre später daraus geworden ist. Nicht genau diese Ideen hatten Bestand, aber weit ist das heutige Angebot nicht davon entfernt.
„Klappern gehört zum Handwerk“ ist ein geflügeltes Wort, dass beherzigt werden musste. Zum einen um bekannt zu werden, Teilnehmer*innen für Angebote, Gruppen und Kurse zu finden und schließlich auch Förderer von der Seriosität des Tuns zu überzeugen. Transparenz schafft Vertrauen, Vertrauen fördert wiederum Kooperationen und mit Kooperationen baut sich ein Netzwerk auf. Zwar gibt es das Internet, aber noch lange sind nicht alle Menschen damit verbunden. Analoge Werbung ist das richtige Mittel um die Jahrtausendwende. Zeitung, Handzettel, Plakate werden gestaltet und verteilt. Programmübersichten erstellt und ausgehängt. Es wird immer mehr, denn der Verein wird größer. Der Projektleiter des Nachbarschaftstreffs Lüdeckestraße macht die Öffentlichkeitsarbeit so nebenbei.
Von Januar bis März 2003 bieten drei Studentinnen der Medienakademie Cimdata ihre zweimonatige unentgeltliche Mitarbeit in Form einer Projektarbeit an. Nach diesen zwei Monaten hat der Verein ein eigenes Logo, eine neue Internetseite, Geschäftspapiere und passen ein neues Programmheft. Manches gab es früher schon, nun aber in einheitlicher modernerer Form. Ab April 2003 wurde die im Jahr vorher eingestellte Stadtteilzeitung wieder neu aufgelegt. Ab nun zweifarbig und in einer Auflage von 10.000 Exemplaren. Es bildete sich mit der Zeit ein Team ehrenamtlicher Redakteur*innen, die je nach Interessen aus dem Bezirk berichteten. Mit dem Wachsen des Vereins wurde die Notwendigkeit, gezieltere Öffentlichkeitsarbeit zu machen, dringlicher. Der Projektleiter, der es nebenher erledigte hatte, suchte neue Aufgaben und orientierte sich um. Ab 2008 gab es eine halbe Stelle, die nur für die Öffentlichkeitsarbeit und die Stadtteilzeitung zuständig war.
Social Media fängt an eine Rolle zu spielen. Zwar ist analoge Werbung noch im Vordergrund, aber es zeichnet sich ab, dass sich das ändern wird. Seit April 2009 wird ein twitter-Account geführt. Ab Dezember 2009 die Facebookseite des Stadtteilzentrums aufgebaut. Die Arbeit wird vielseitiger, weil Werbung analog und digital geführt werden muss. Was für Ältere noch spannendes Neuland ist, wird für die jüngere Generation normaler Bestandteil des Alltags. Längst sind Lexika in den Regalen verstaubt und das Internet die erste Informationsquelle geworden. Ganz besonders geprägt sind die Jahre um 2010 bis 2015 von einer relativ allgegenwärtigen Diskussion über die Etikette der Handynutzung. Auch die Arbeit innerhalb des Stadtteilzentrums ändert sich. Durch die Notwendigkeit der E-Mail-Flut Herr zu werden, wird ein Firmenaccount im internen Netzwerk Yammer eingerichtet. Ähnlich wie Facebook wird seither in Yammer informiert, berichtet, verabredet und abgesprochen. Die Digitalisierung von Dokumenten wird immer öfter Gesprächsthema.
2016 wird die Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf eingestellt. Als neues Format erscheint das Magazin „Im Mittelpunkt“. Dadurch wird es möglich, sich besser Themen aus der sozialen Arbeit zu nähern. Jedes Magazin hat ein Hauptthema, das aus verschiedensten Blickwinkeln betrachtet wird. Und auch das Magazin wird der digitalen Welt gerecht. Zur gedruckten Auflage wird ein eBook erstellt, dass das Lesen am Bildschirm möglich macht. Im gleichen Jahr übernimmt der Verein die StadtrandNachrichten, eine Onlinezeitung, die über alles berichtet, was für den Süden Berlins wichtig erscheint.
Neue Formate kommen digital hinzu, alte werden eingestellt. Es wird viel ausprobiert und versucht. Manche haben Bestand, andere wiederum passen nicht oder müssen der Zielgruppe angepasst werden. Instagram kommt als beständiger Kanal hinzu, Handzettel werden immer weniger, Plakate gibt es kaum noch. Die Werbewelt verändert sich – ständig. Große Veränderungen gab es 2020 durch die Pandemie. Nicht nur in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit wurden Social Mediakanäle bespielt, auch die Einrichtungen bedienen passende Tools. Videokonferenzen gehören zum Alltag, beispielsweise bei Beratungen oder Runden Tischen und anderem.
Die Form der Öffentlichkeitsarbeit spielt im Grunde genommen keine Rolle. Der Kern des Anliegens ist heute der gleiche wie 1995, als das Stadtteilzentrum anfing zu arbeiten. Was damals nebenher erledigt wurde, bearbeiten heute drei Mitarbeiter*innen. Sie erzählen, was 240 Mitarbeiter*innen jeden Tag Gutes tun. Sie berichten den Menschen im Bezirk, was sie vom Stadtteilzentrum erwarten können, sie erzählen Geschichten, was in den Einrichtungen passiert und sie machen transparent, für welche Ziele und Visionen der Verein einsteht. Fördernde, wie z.B. Bezirks- und Landesverwaltungen, aber auch private Spender*innen können jederzeit sehen, dass bereitgestellte Fördermittel für gute Arbeit und den von ihnen bestimmten Zweck eingesetzt werden. Es geht nicht nur um einen netten Einblick. Es geht um Vertrauen, das es braucht, um eben jeden Tag ein bisschen etwas für eine bessere Welt zu tun. Die Öffentlichkeitsarbeit ist dabei …
Anna Schmidt
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