Einmal durch die Lüfte fliegen, Hindernisse mit Superkräften aus dem Weg räumen, verschlossene Türen mit einem Laserblick öffnen. Wer hat sich nicht schon einmal vorgestellt, ein Superheld zu sein? Sie tragen eine geheimnisvolle Maske, meist einen wehenden Umhang und haben eine außergewöhnlich Kraft, die sie von allen anderen Helden abhebt. Im wirklichen Leben aber sind sie meist unscheinbar und gehen ganz normalen Berufen nach, weshalb wir uns so leicht mit ihnen identifizieren können. In der realen Welt gibt es diese Superhelden jedoch nicht. Hier sind Helden, wenn sie überhaupt erlauben als solche bezeichnet zu werden, oft nur auf den zweiten Blick erkennbar.

Es sind andere Begriffe, die unsere heutigen Helden ausmachen und oft sind sie verwundert, wenn man sie überhaupt mit dem Begriff verbindet. Heute ist heldenhaft, wer Empathie, Handlungen ohne direkten Gegenwert, zeitliches Engagement ohne Bezahlung gibt. Heutige Helden möchten ihr Tun als Selbstverständlichkeit verstanden wissen und durch ihr Selbstverständnis anderen zum Vorbild werden, motivieren, zum Mitmachen anregen. Der alte Held mit Superkräften gilt nur noch im Comic oder Film. Moderne Helden setzen sich für Gesellschaft und deren schwächste Mitglieder ein. Ein Held wird man nicht, indem man sich selbst so nennt … es sind andere, die manche Menschen als heldenhaft empfinden.

Dieses Empfinden ist zu spüren, wenn man sich mit Fayez an einen Tisch setzt und ihn erzählen lässt. Das taten wir das erste Mal, als wir im Dezember 2018 die Anfrage bekamen, aus unseren Kinder- und Jugendeinrichtungen eine Wunschliste an die Aktion „Schenk doch mal ein Lächeln“ zu schicken. Die Wünsche wurden auf Sterne geschrieben und an einen Tannenbaum gehängt, der im Rathaus Zehlendorf aufgestellt wurde. Dort konnten sich Besucher einen Stern aussuchen, das entsprechende Geschenk besorgen und wieder im Rathaus abgeben. Kurz vor Weihnachten wurde dann ein Nachmittag organisiert, an dem Freiwillige alle diese Geschenke schön einpackten. Die Jugendeinrichtungen konnten die Geschenke im Rathaus abholen und in den Einrichtungen den Kinder- und Jugendlichen übergeben.

Wir wollten den Mann kennenlernen, der hinter dieser Aktion steckte, und riefen ihn an. Er sei gerade auf dem Weg, seine Frau und Sohn zu einem PeKiP-Kurs zu bringen und hätte danach Zeit. Da der Kurs ganz in der Nähe war, saßen wir kurz darauf an einem Tisch. Mein Kollege Kristoffer und ich lernten Fayez kennen, einen jungen Mann, der uns besonders durch seine positive Art sehr schnell vereinnahmen konnte. Begeistert erzählte er, wie die Idee zu der Tannenbaum-Aktion entstand, die mittlerweile in fast allen Rathäusern Berlins zur Weihnachtszeit stattfindet. Natürlich bewerkstelligt das nicht ein Mann alleine. Dahinter steht der ganze Verein. „Gegründet wurde der Verein ‚Schenk doch mal ein Lächeln e.V.‘ im Januar 2015 durch sieben Freunde und Familienmitglieder mit dem gemeinsamen Wunsch, sich in Berlin bürgerschaftlich zu engagieren und finanziell schlechter gestellte Menschen zu unterstützen. Das Ziel ist es mit verschiedenen Projekten ein Lächeln zu schenken,“ kann man auf der Internetseite nachlesen. 

In drei unserer Kinder- und Jugendeinrichtungen wurden die gespendeten Geschenke übergeben und weit mehr als ein Lächeln geschenkt. Neugierig geworden und um uns persönlich zu bedanken, luden wir Fayez zu einem zweiten Gespräch ein. Erst kürzlich hatte er eine Nachbesprechung mit der Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski bezüglich der Tannenbaum-Aktion, erzählte er uns. Zwei Tannenbäume werden 2019 in Steglitz-Zehlendorf stehen, einer in Zehlendorf und der zweite in Lankwitz. Die Bezirksbürgermeisterin hätte die Termine schon vorgegeben, um auch sicher zu sein, dass sie die Aktion im November persönlich eröffnen könne. So entgegenkommend und einfach würde es nicht in allen Rathäusern vonstattengehen, sagte Fayez begeistert. Wer nun glaubt, dass im Verein bis in den November nichts passiert, hat weit gefehlt. Schon im Februar werden die Anträge für Genehmigungen gestellt, Termine und organisatorische Dinge geplant, damit Anfang Dezember Tannenbäume mit Sternen und Wünschen in den Rathäusern stehen.

Das ist allerdings immer noch nicht alles, was Fayez und sein Verein zu leisten vermag: Wenn die Kältebahnhöfe im Frühjahr für obdachlose Menschen schließen, werden Schlafsäcke und Isomatten besorgt und mit der Bahnhofsmission an Bedürftige übergeben. Zugunsten der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs nehmen er und sein Team am Benefizlauf Charity Walk & Run auf dem Tempelhofer Feld teil. Weiterhin organisiert der Verein Fahrräder, die nicht bei der Polizei abgeholt werden. Diese werden auf Flüchtlingsunterkünfte verteilt. Und auch zugunsten des Kolibri e.V. – Hilfe für krebskranke Kinder Deutschland e.V. engagieren sich die Mitglieder. Mitmachen kann man vielfältig. Bei einzelnen Aktionen, ehrenamtlich oder als Mitglied im gemeinnützigen Verein. Bei Mitgliederversammlungen werden Ideen und Projekte besprochen. Jeder hat die Möglichkeit, sich nach seinem Vermögen einzubringen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, einmalig oder mehrmals zu spenden und zur Realisierung der Projekte beizutragen.

Ist Fayez nun ein Held? Nun, wir denken, das sollte jeder für sich entscheiden. Lieber würden wir von sehr vielen Helden sprechen, die gemeinsam unter dem Dach des Vereins „Schenk doch mal ein Lächeln e.V.“ bewundernswerte Aktionen vollbringen und jegliche Unterstützung verdienen. Fayez sagt uns, dass er zeigen möchte, was man gemeinsam bewerkstelligen kann. Dies, damit die Menschen sehen, wie gut sie es eigentlich haben. Es gibt immer jemanden, dem es schlechter geht, der … nicht heldenhaft … aber so gerne tapfer lächeln möchte. Das sind dann die eigentlichen Superhelden!


https://sdmel.de/

Anna Schmidt


Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ 2.2019 mit dem Leitthema „Alltagshelden“
Das ganze Magazin können Sie als eBook oder interaktives Pdf herunterladen, die gedruckte Version, einschließlich dem Einleger mit allen Veranstaltungen des SzS, finden Sie in unseren Einrichtungen.