Ich möchte euch gerne jemanden vorstellen: Peter ist 1952 in Berlin/ Steglitz geboren und aufgewachsen. Auch seine Eltern waren schon seid ihrer Jugend ehrenamtlich aktiv im Deutschen Roten Kreuz, in der heutigen Bereitschaft Steglitz, zugehörig dem Kreisverband Steglitz-Zehlendorf. Peter selber ist dieses Jahr für 50 Jahre ehrenamtliche Arbeit geehrt worden und auch zwei seiner drei Kinder sind in die Fußstapfen dieser Tradition getreten und sind dort, neben dem Beruf und der Familie, aktiv.

Heute bitte ich Peter für Euch, aus seinen zahlreichen Erinnerungen an die verschiedenen Einsätze in den letzten 50 Jahren zu erzählen. Ich kann hier leider nicht jeden Einsatz und jedes Ereignis im kleinsten Detail wiedergeben, da uns dafür definitiv der Platz fehlt.

Seine Erzählungen beginnen in seinen Kindertagen: Schon als er ein kleiner Junge war, habe er seine Eltern immer wieder begleiten dürfen und das nicht nur zum Säubern des Einsatzmaterials, sondern auch auf kleinere Sanitätseinsätze und Veranstaltungen. Mit 16 Jahren ist er selbst der Bereitschaft beigetreten und hat sich dem Ehrenamt und später dem Katastrophenschutz verpflichtet.

Mit der Mitgliedschaft in der Bereitschaft hatte er verschiedene Grund- und Weiterbildungen gemacht. Er ist ausgebildeter Sanitäter, hat eine Funkausbildung, den Gruppen- und Zugführer, den Lehrgang für Betreuung, den Feldkochlehrgang und viele mehr. Im Laufe der Jahre habe er sich viele Fähigkeiten und Fertigkeiten angeeignet.

Als Teil der SEG (Schnell Einsatz Gruppe) war Peter schon in ganz Berlin im Einsatz. Nach Bombenfunden oder Hausbränden erbaute er im Team mit den Kameraden des DRK und anderen Organisationen zum Beispiel in Turnhallen, Notunterkünfte in denen bis zu 500 Menschen und mehr verpflegt und betreut werden konnten.

Menschen, die gerade ihr Haus und Heim verloren hatten oder davon bedroht waren, zur Seite zu stehen, ihnen Essen und Trinken zu ermöglichen, wo sie im schlechtesten Fall ohne alles evakuiert wurden, ihnen einfach nur die Hand zu halten und gemeinsam zu hoffen, dass sie in ihre Wohnung zurück können, gerade wenn das geliebte Haustier zurück bleiben musste, zeigte ihm immer wieder, wie gut und wichtig dieses „Hobby“ ist.

Auf unzähligen Straßenfesten war er der Mann hinterm Feldkochherd und sorgte für leckere Erbsensuppe und andere Gerichte. Auch als Sanitäter war er im Einsatz, besonders auf Sportveranstaltungen, angefangen beim kleinen Schulsponsorenlauf bis hin zu Großeinsätzen wie Silvester oder die früheren AVUS Rennen.

Heute ist er häufig als Kraftfahrer eingesetzt, da er alle Größen von LKWs fahren darf und kann. Auch mit der Ladungssicherung kennt Peter sich aus, darin unterweist er gern die jüngeren Helfer.

Zu Einsätzen, von denen er uns gerne berichten möchte, gehören zum Beispiel der Einsatz in der Prager Botschaft. Die Ereignisse von 1989 sind für viele von uns nur ein Teil in einem Geschichtsbuch, doch für Peter und fünf weitere Helfer aus Steglitz war es Realität. Er erinnert sich nur zu gut an die vielen Menschen, die dicht gedrängt in Fluren und auf den Treppen sitzend, teilweise schlafend, ihre Habe dicht an sich gedrückt und in eine bange Zukunft hoffend, dort waren. Er sagt: „Wir haben die Menschen betreut, versucht ihnen Mut zuzusprechen, ihnen Sicherheit zu vermitteln und als es dann endlich weiter ging, haben wir sie zu den Bussen begleitet, die sie zum Hauptbahnhof brachten.“ Und nachdem die Botschaft geräumt war, wurden auch die ehrenamtlichen Helfer zum Prager Hauptbahnhof verlegt. Dort  halfen sie den Menschen in die Züge Richtung BRD.

Es fällt Peter schwer, die Erinnerungen daran in Worte zu fassen, denn vieles davon ist nach heutiger Vorstellung unvorstellbar. So viele Menschen waren dort und sehr wenige Toiletten, in teilweise fünfstöckigen Betten dicht aneinander gedrängt darauf wartend, was die Zukunft bringt. Sie haben die Zeit gezählt. Heute sind nur die Erinnerungen da, denn nicht lange danach öffnete die DDR ihre Grenzen.

Im Dezember 1999, der Krieg im Kosovo war gerade beendet, leistete das DRK Aufbauhilfe mit verschiedensten Hilfsgütern. Unter anderem sendete das Berliner Rote Kreuz einen großen Muldenkipper in die Region. Für diese Aufgabe wurden zwei Kraftfahrer gesucht. Peter und sein Vater Horst meldeten sich gemeinsam. Von Berlin ging es nach Ancona (Italien), von dort aus mit der Fähre 23 Stunden nach Patras (Griechenland), von dort aus über Mazedonien in den Kosovo. Vorbei an so viel
Zerstörung und Menschen, denen kaum etwas zum Leben geblieben war. Manchmal überkam die beiden ein mulmiges Gefühl, wenn sie zu viel darüber nachdachten, wie nahe der Krieg ihnen hier noch war. So vieles verwüstet, so viele Menschen, die der Hilfe bedurften, …

Weniger tief aber doch bleibend sind die Erinnerungen an den jährlichen Berlin-Marathon, den das DRK über Jahre betreut hat, die Fußballspiele im Olympiastadion, die Schwimmweltmeisterschaft, die Polenhilfen von 1982-1990 und natürlich die Hochwassereinsätze 2002 und 2013 und die Flüchtlingsunterkünfte. Hierzu dürften selbst die Jüngeren unter uns noch Bilder im Kopf haben.

Peter ist für mich ein Beispiel für die, die dort draußen im Namen der Menschlichkeit jeden Tag ehrenamtlich ihren Dienst tun und es ist egal, ob es nur ein kleiner Sanitätsdienst ist oder die Erste Hilfe, die man einer fremden Person leistet, weil sich diese verletzt hat, dem älteren Menschen, dem man die schwere Tüte ein Stückchen trägt, dem Obdachlosen, dem man einen Tee oder Kaffee gibt … für mich sind das die Helden, denen mein Respekt gehört und die sich jede Wertschätzung und
Anerkennung verdient haben.

Heike Steinitz

Deutsches Rotes Kreuz
Kreisverband Berlin Steglitz-Zehlendorf e.V.
Bereitschaft Steglitz
Menckenstr. 18, 12157 Berlin
Telefon 030 7930239-10


Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ 2.2019 mit dem Leitthema „Alltagshelden“
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