Im Jahre 2018 sind laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mindestens 504 Menschen in Deutschland ertrunken. 435 Frauen und Männer verloren dabei in Flüssen, Bächen, Seen und Kanälen ihr Leben. Wie geht man damit um, jemanden nicht mehr retten zu können?

Der Einsatzleiter und stellvertretende Ausbildungsleiter der DLRG in Steglitz-Zehlendorf Karsten Fecke musste in seinen 36 Jahren als Rettungsschwimmer fünf solcher Ereignisse miterleben. Ein wichtiger Halt sei, laut Karsten, die Familie und die Kameraden, die hinter ihm stehen sowie die Einsatznachsorge: „Im Rettungsdienst wird man aus der Natur der Aufgabe heraus mit weitreichenden Erfahrungen konfrontiert. Es ist immer ein befremdliches Ereignis für jeden, wenn man einer Person nicht mehr helfen konnte. Das kommt zum Glück nicht allzu häufig vor. Die schönen Ereignisse überwiegen tatsächlich.“

Seit 1985 arbeitet Karsten aktiv im Einsatzteam ehrenamtlich für die DLRG auf der Wasserrettungsstation Tiefe Horn am Zusammenschluss von Havel und Wannsee. Er ist einer von 65 Einsatzkräften im Bezirk, der neben der Station Tiefe Horn noch zwei weitere Stationen besetzt. Karsten hat in seinem aktiven Einsatzleben über 17.000 Wachstunden absolviert und dies gelang ihm durch seine Begeisterung für die Arbeit: „Wenn man Freude an etwas hat, dann investiert man auch gern eine Menge Zeit. Es ist einfach schön für mich, anderen Menschen zu helfen. Insbesondere wenn sie sich in einer Notlage befinden. Genau dann die richtige Entscheidung zu treffen und zielgerichtet zu unterstützen, das ist mein innerer Antrieb.“

Im Jahre 1982 trat Karsten der DLRG bei. Dies aus dem Wunsch seiner Eltern heraus, die Freizeit in einem Verein mit gleichaltrigen Kindern zu verbringen und Kontakte zu knüpfen. Da sich Karsten schon von klein auf gern im Wasser aufhielt, fiel die Entscheidung leicht. Heute überwacht Karsten ein großes Einsatzgebiet: „Überwiegend werden wir zu Einsätzen gerufen, bei denen Besatzungen von Segel- oder Motorbooten unsere Hilfe benötigen. Die Vielzahl an Bauformen und die daraus resultierenden Einsätze machen die Arbeit interessant und abwechslungsreich. Durch den Weitblick von dieser Station aus, ist unser direkter Einsatzbereich fast vollständig einzusehen und zu beobachten.“

Als Koordinator der Wasserrettungszüge und Ausbilder im Bereich Katastrophenschutz war Karsten in Flutgebieten aktiv. Er wurde bei den Hochwassern der Elbe in Torgau als Bootsführer eingesetzt und zeichnete sich für die Absicherung der Einsatztaucher verantwortlich. Darüber hinaus war er in Schönebeck als Zugtruppführer zuständig. Hier bestand seine Aufgabe darin den Landkreis bei der Ermittlung von Personen in dem Evakuierungsgebiet zu unterstützen und einen Shuttle-Betrieb mit Booten zur Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Für sein Engagement wurde Karsten mehrfach ausgezeichnet. Nur sind es nicht die Preise und Auszeichnungen, die ihm am Herzen liegen: „Die Dankbarkeit der Bevölkerung. Die glücklichen Gesichter von Menschen, deren Haustiere wir aus einem überfluteten Gebäude in Sicherheit gebracht haben. Aber auch die glänzenden Augen einer geretteten Familie eines sinkenden Motorbootes.“

Karsten und das Team der DLRG Steglitz-Zehlendorf freuen sich regelmäßig über Neumitglieder. Vor einigen Jahren wurde aus diesem Grund ein Jugend-Einsatz-Team (JET) ins Leben gerufen. Kinder ab zehn Jahren können hier die Einsatzmannschaften auf die Stationen begleiten und die Arbeit im Einsatzdienst kennenlernen. Parallel dazu findet die Schwimmausbildung statt, aber auch der Umgang mit Pflaster und Verband. Die JET-Idee erhielt den dritten Platz des Förderpreises „Helfende Hand“ des Bundesinnenministeriums und gleichzeitig den Publikumspreis.

Zusätzlich gibt es auch ein Jugend-Ausbildungs-Team (JAT). Hier werden die Kenntnisse der Schwimmausbildung vermittelt, um die Nachwuchssicherung an kompetenten Schwimmausbildern abzusichern. Karsten erklärt, was potentielle DLRG-Mitglieder mitbringen sollten: „Junge Interessenten müssen körperlich fit sein. Verlässlichkeit und Teamfähigkeit sind ebenfalls wichtig. Rettungsschwimmer zu sein oder zu werden ist eine tolle Sache. Man kann es in einer relativen kurzen Zeit erlernen. Es ist eine wertvolle Qualifikation, um auch in der Freizeit zum Retter werden zu können. Also, chillst Du noch oder rettest Du schon?“

Infos zur DLRG Steglitz-Zehlendorf:
www.steglitz-zehlendorf.dlrg.de

Michael Schaffhauser


Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ 2.2019 mit dem Leitthema „Alltagshelden“
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