ferienschule_szs_2016-013Die nächsten Ferien stehen schon wieder vor der Tür und doch bin ich in meinen Gedanken noch ganz in den zurückliegenden Sommerferien. Es war eine intensive Zeit, anstrengend und schön. Während viele in Berlin verreist waren und die Stadt wieder mal so leer erschien, gab es doch Einige in unserer Nachbarschaft, die nirgendwo hin reisen konnten. Dazu gehören auch Menschen, für die Berlin nun erst einmal ein Ort zum Ankommen ist. Nachdem sie oft lange unterwegs waren und wahnsinnige Strecken und „Reisewege“ auf sich genommen haben, um hier in Sicherheit zu sein. Viele dieser Menschen haben sich die Ankunft hier anders vorgestellt. Sie sind nicht davon ausgegangen, dass sie nach einem Jahr immer noch in einer Turnhalle leben müssen und sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können. Diese Situation liegt nicht in unserer Macht, dafür müssen sich Personen an anderen Stellen bewegen. In unserer Macht liegt es aber, etwas dazu beizutragen, diese Situation für die Menschen ein klein wenig erträglicher zu machen.

Deshalb haben wir beschlossen, in den letzten beiden Wochen der Sommerferien zusammen mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) und in Zusammenarbeit mit Intellego eine Ferienschule zu organisieren, die auch den neuen Kindern in unserer Nachbarschaft schöne Sommerferien ermöglichen sollte. Dazu haben wir eine Gruppe von Kindern, welche mit ihren Familien zurzeit in der Kiriat-Bialik-Sporthalle untergebracht sind, in das Ferienprogramm der Bechsteiner in der Ludwig-Bechstein-Grundschule direkt nebenan eingeladen.

ferienschule_szs_2016-010Nachdem wir die Eltern zu einem Vortreffen einluden, bei welchem wir mit Sprachmittlern erklärten, was wir vorhatten sowie auf die Fragen der Eltern eingehen konnten, ging es los. Am 22. August spazierte eine fröhliche und bunte Gruppe von Kindern aus der Kiriat-Bialik-Sporthalle zu den Bechsteinern und nach einem ersten gemeinsamen Frühstück konnten die Kinder am normalen Hort-Ferienprogramm teilnehmen und gleichzeitig, auch in den Ferien, Deutsch üben. Aber Deutsch üben sollte in der Ferienschule nicht nur den neuen Kindern ermöglicht werden, sondern allen. Schließlich macht es gemeinsam ja auch mehr Spaß! Gemeinsam mit einer Sprachförderkraft fand somit in den zwei Wochen ein inklusiver spielerischer Deutschunterricht statt, an dem sowohl die neuen Kinder als auch alle anderen Kinder im Ferienprogramm der Bechsteiner teilnehmen durften.

ferienschule-_szs_2016-082Das Wichtigste war aber, dass die Ferienstimmung nicht zu kurz kam. So haben wir bei heißem Wetter einen Rasensprenger aufgestellt, spontan mit bunter Kreide ein Alphabet auf den Hof gemalt, mit den Kindern gemeinsam im Supermarkt eingekauft und Waffeln gebacken. Es fanden zwei große Tagesausflüge statt, einmal in den Gleisdreieckpark und einmal nach Kladow. Wir stellten täglich Tische und Stühle auf den Hof und legten dort Materialien zur Sprachförderung aus, ergänzt durch Spiele wie zum Beispiel Memory. Außerdem wurden Gemeinschafts- und Aktionsspiele angeboten. Meistens merkten die Kinder also gar nicht, dass sie gerade Deutsch lernten, sondern es geschah – nach dem Konzept von informeller Bildung- quasi nebenbei. Zusätzlich haben wir bewusst mit kleinen Gruppen von 2-3 Kindern und in kurzweiligen Phasen, dafür aber sehr konzentriert, Deutsch geübt. Dabei wurde uns deutlich wie groß die vermuteten Unterschiede im sprachlichen Niveau der Kinder tatsächlich waren. Während zwei Kinder einseitige Aufsätze über ihre ehemalige Schule und ihr ehemaliges Haus im Heimatland schrieben, stellte eine Kollegin bei einem anderen Jungen fest, dass er in keiner Sprache alphabetisiert war. Da wir uns im Ferienschulteam aber alle auch als Sprachförderkräfte verstanden, konnten wir darauf dann auch gezielt eingehen, was dazu führte, dass sich die Sprachkompetenz trotz der kurzen Zeit von nur zwei Wochen bei einigen Kindern doch erheblich verbesserte. Dies wurde teilweise durch uns als Ferienschul-Team und Erzieher*innen gewährleistet, indem wir den Kindern immer wieder natürliche Sprachanlässe boten und diese durch Nachfragen und Gespräche vertieften. Teilweise durch den Kontakt zu den anderen Kindern im Ferienprogramm und insbesondere durch die Wertschätzung und „Normalität“ im Ferienhort-Alltag, der bei allen Kindern mehr und mehr zu einer Entspannung führte.

ferienschule_szs_2016Diese „Normalität“ des Ferienhort-Alltags, in dem die Kinder aus der Kiriat-Bialik-Sporthalle eben Kinder unter anderen Kindern waren, trug erheblich dazu bei, dass sie ihre Sozial- und Selbstkompetenz erweitern und ausbauen konnten. Sie waren von Anfang an Teil des Regelwerks der Institution Hort und es wurden keine Ausnahmen gemacht. Diese klare Einstellung und Haltung aller Beteiligten, zumindest der Erwachsenen, tat den Kindern merklich gut und sie konnten mehr und mehr Vertrauen fassen und sich auf die neue Situation einlassen.

Positiv verstärkt wird diese Situation dadurch, dass die meisten Kinder in diesem Schuljahr in der Ludwig-Bechstein-Grundschule zur Schule gehen und auch weiterhin die Bechsteiner in der ergänzenden Förderung und Betreuung am Nachmittag besuchen können.

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Julia Hörcher