Auch wir vom Stadtteilzentrum Steglitz e.V. haben die Forderungen des Bundesverbandes Trans* für eine gelungene Transsexuellengesetz-Nachfolgeregelung unterzeichnet. Denn es ist uns ein sehr wichtiges Anliegen und wir würden uns wünschen, dass sich so viele Organisation wie möglich für die Rechte von trans* und nicht-binären Personen öffentlich einsetzt.
 

Zahlreiche Länder gingen in den vergangenen zehn Jahren mit gutem Beispiel voran und verabschiedeten menschenrechtsbasierte Regelungen, die die Selbstbestimmung und Würde von trans* Personen achten. In Argentinien, Dänemark, Malta, Irland, Norwegen, Belgien, Portugal, Luxemburg, Island und bald auch in der Schweiz können trans* Person allein durch Selbstauskunft, ihren Geschlechtseintrag ändern. Auch hier in Deutschland wird es höchste Zeit für ein Selbstbestimmungsgesetz, damit trans* Personen sicher und selbstbewusst in dieser Gesellschaft leben können. Deshalb fordern wir, dass eine zukünftige Neuregelung bei der Änderung des Geschlechtseintrags den folgenden sechs Grundsätzen entspricht:

1. Die Erklärung der Person selbst ist ausreichend!
Für die Änderung des Geschlechtseintrags braucht es keine Gutachten, Atteste oder Beratungsbescheinigungen. Die Erklärung der Person selbst muss ausreichend sein. Denn jede Person hat selbst die beste Expertise bezüglich der eigenen Geschlechtsidentität. Dies entspricht auch der Erfahrung mit TSG-Verfahren: in 99% der Fälle entscheiden die Amtsgerichte laut einer wissenschaftlichen Erhebung im Sinne der Antragsteller_innen.

2. Die Erklärung erfolgt vor dem Standesamt!
Was bisher als Verfahren vor dem Amtsgericht verhandelt wurde, soll zu einem Verwaltungsakt beim Standesamt werden. Dies erhöht einerseits die Zugänglichkeit. Andererseits werden die Amtsgerichte von Aufwand und die Bundesrepublik Deutschland jährlich von Kosten in Höhe von ca. 1 Mio. € entlastet.

3. Die Regelungen für trans*, inter* und nicht-binäre Personen werden vereinheitlicht!
Auch inter* Personen stehen heute bei der Änderung des Geschlechtseintrags vor Hürden und müssen über ein Attest Inter*geschlechtlichkeit nachweisen. Diese Pathologisierung steht ebenfalls in der Kritik. Es braucht genau eine Regelung für die Änderung des Geschlechtseintrags: diese soll für alle trans*, inter* und nicht-binären Personen gelten und auf geschlechtlicher Selbstbestimmung beruhen.

4. Jugendliche ab 14 Jahren entscheiden selbst über den Geschlechtseintrag!
Kinder und Jugendliche können derzeit mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretung den Namen und Personenstand ändern. Wir fordern, dass Jugendliche ab Vollendung des 14. Lebensjahres eigenständig über die Änderung entscheiden dürfen. Dies entspricht zum einen der zunehmenden Entscheidungsfähigkeit, die Jugendlichen in anderen Rechtsbereichen, z. B. bei der Wahl der Konfession bzw. Religion, zugetraut wird. Zum anderen ist die Berücksichtigung des Willens von Kindern und Jugendlichen sowie deren Diskriminierungsschutz aufgrund der UN-Kinderrechtskonvention eindeutig geboten.

5. Die Möglichkeit, den Namen und Geschlechtseintrag zu ändern, ist niedrigschwellig – unabhängig von der eigenen Staatsbürgerschaft!
Aktuell müssen trans* Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in einem langwierigen und meist sehr umständlichen Prozess nachweisen, dass es in dem passausstellenden Land keine vergleichbare Regelung gibt, mit welcher sie ihren Geschlechtseintrag ändern können. Diese Hürde muss abgeschafft werden. Alle Personen, die in Deutschland leben, sollen Zugang zur Änderung des Geschlechtseintrags haben. Eine Bescheinigung über die erfolgte Änderung soll ausgestellt werden, damit deren Nachweis im Alltag unproblematisch möglich ist.

6. Nach der Änderung des Namens und Geschlechtseintrags besteht ein Anspruch auf Dokumentenberichtigung!
Bisher leitet sich die Möglichkeit, Dokumente wie Zeugnisse, Ausweise, Urkunden u. ä. auf den neuen Namen und Geschlechtseintrag auszustellen, aus dem Offenbarungsverbot (dem Verbot, den abgelegten Namen und Geschlechtseintrag offenzulegen) ab. Um die Dokumentenberichtigung für trans* Personen zu erleichtern, braucht es eine explizite gesetzliche Verankerung dieses Rechts, inkl. der Option, Geburts- und Heiratsurkunden anzupassen. Dafür nötige Änderungen im Abstammungsrecht sind zügig voranzubringen.

Seit vierzig Jahren ist das „Transsexuellengesetz“ (TSG) in Kraft. Seit vierzig Jahren beschränkt das TSG die Grundrechte von trans* Personen, die ihren Namen und Geschlechtseintrag ändern wollen. Bereits sechsmal wurde das TSG vor dem Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform befunden. Trotzdem wird eine Neuregelung über mehrere Legislaturperioden verschleppt.

Bis heute müssen trans* Personen, um den eigenen Geschlechtseintrag zu ändern, zwei Gerichtsgutachten über ihre Geschlechtsidentität beantragen. Obwohl Trans*geschlechtlichkeit durch die Weltgesundheitsversammlung 2019 von dem Status, als psychische Störung zu gelten, befreit wurde, müssen sich trans* Personen weiterhin dieser pathologisierenden Begutachtung unterziehen. Sie müssen teils übergriffige Fragen nach sexuellen Vorlieben, Masturbationsverhalten oder Unterwäsche über sich ergehen lassen, damit sie nachweisen, was von außen nicht nachweisbar ist. Denn die geschlechtliche Identität – das innere Wissen, welche geschlechtlichen Ansprache, Rolle und Zuschreibung für die eigene Person stimmig sind – kann nur eine Selbstauskunft sein.

Die Forderungen gibt es auch als PDF zum Herunterladen und Weiterleiten!

Wer mitzeichnen möchte, schreibt bitte eine Mail an kalle.huempfner[at]bv-trans.de!

Einzelpersonen können auch gern unsere Petition unterschreiben, die die selben Forderungen stellt!

Bundesverband Trans* e.V.
Erschienen unter https://www.bundesverband-trans.de/