Eine Festveranstaltung im Lockdown? Geht nicht? Es geht, wie der Verband für sozialkulturelle Arbeit gemeinsam mit der Lotto Stiftung und GETEQ, Gesellschaft für teilhaberorientiertes Qualitätsmanagement, am 10. Februar eindrucksvoll gezeigt haben. Via LiveStream waren alle Projektbeteiligten eingeladen, der dreistündigen Veranstaltung am Bildschirm zu folgen und sich interaktiv per Chat und an der Mentimeter Umfragen zu beteiligen. „Stadtteilzentren inklusive!“ – Drei Jahre nach Beginn des Projektes sollten Zertifikate überreicht und über das Projekt berichtet werden.
20 Stadtteilzentren hatten sich angemeldet und wurden zum Thema Inklusion und Barrierefreiheit beraten und begleitet. In Arbeitsgruppen und Schulungen wurde gemeinsam mit Expert*innen in eigener Sache gearbeitet. Im Vordergrund die Fragen, was wichtig ist, damit Stadtteilzentren offen für alle Menschen sein können. Welche Hindernisse stehen dabei im Weg und welche Unterstützung es bedarf, das zu ändern. Ziel des Projektes ist, dass Menschen mit und ohne Behinderung Stadtteilzentren besuchen und deren Angebote und Kurse nutzen können.
In fünf Workshops – Schulung zur/zum Inklusionsgestalter*in – konnten sich Mitarbeiter*innen und Besucher*innen der teilnehmenden Projekte für das Thema Inklusion und Barrierefreiheit sensibilisieren lassen. Ganz wichtig war dabei der Perspektivwechsel, der das Erleben und Wahrnehmen von Menschen mit Behinderung verdeutlichte. Was brauchen sie, um sich gut in der Einrichtung zurecht zu finden und wo sind Barrieren, die Menschen ohne Einschränkung nicht wahrnehmen. Nach dieser Sensibilisierungsphase wurde der Inklusionscheck durch die Firma GETEQ durchgeführt. Bei GETEQ, Gesellschaft für teilhabe-orientiertes Qualitäts-Management, arbeiten Menschen mit und ohne Behinderungen. Sie evaluieren, bilden und beraten Angebote in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Freizeit. Der Realitätscheck wird von ihnen nach dem Nueva-Modell erstellt – Nutzer*innen evaluieren. Sie prüfen nach eigenen Gesichtspunkten, ob die Einrichtung tatsächlich offen für alle ist und ob sich alle darin wohlfühlen können.
Nach der Evaluierung wurden Fragebögen erstellt, die Besucher*innen der Einrichtung ausfüllen konnten. Die Zusammenfassung der Fragebögen zeigte schließlich die reale Situation vor Ort. Nun wurde erkennbar, was bereits positiv zum Gemeinwohl beiträgt. Andererseits allerdings auch, was geändert werden sollte, um Hindernisse und Barrieren abzubauen.
Im Gutshaus Lichterfelde, das für das Stadtteilzentrum Steglitz e.V. an dem Projekt teilgenommen hat, wurde seither einiges verändert. So wurde eine Rampe für Rollstühle, neue, leichtere Stühle im Gruppenraum sowie Notfallknöpfe in der Toilette angeschafft. Vor dem Haus steht im Zuge des Realitätschecks nun ein großer Schaukasten, der auf die Angebote im Gutshaus aufmerksam macht und die Hemmschwelle hineinzugehen deutlich mindert. Trotzdem sagt Manuela Kolinski, die Projektleiterin des Gutshauses, dass dies nur ein Anfang sein kann. Es gäbe noch viel zu ändern und aus der Perspektive der Menschen mit Behinderung zu betrachten. Sie ist dankbar, dass sie dieses Projekt begleiten und für sich persönlich viel mitnehmen und lernen konnte. Wie fühlt es sich an, wenn man sich gehörlos im Straßenverkehr bewegt, welche Hindernisse muss ein sehbehinderter Mensch umgehen, welche Türen sind zu eng für den Rollstuhlfahrer. Insbesondere habe sie gelernt, dass Mitleid völlig fehl am Platz ist, weil es speziell darum geht, Normalität und Teilhabe für alle Menschen im Zusammenleben zu schaffen.
Bis hin zur Festveranstaltung wurde das Projekt “Stadtteilzentren inklusive!” konsequent umgesetzt. Eine Gebärdensprach- und Schriftdolmetscherin begleitete den Festakt und es konnte alles über Untertitel mitgelesen werden. Es wurde in einfacher Sprache gesprochen und visuelle Elemente der Präsentationen wurden beschrieben. Die Projektvorstellung, Erfahrungen, die Vorstellung der teilnehmenden Stadtteilzentren sowie die Ergebnisse aus den 20 „RealitätsChecks Inklusion“ waren sehr kurzweilig. Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales motivierte zum Weitermachen in ihrem Grußwort und überreichte die Zertifikate des RealitätsCheck Inklusion. Dies natürlich nur ideell, die echten Zertifikate kamen per Post. Ein gelungenes Projekt ging so mit einer gelungenen, digitalen Festveranstaltung zu Ende. Einig können sich alle Beteiligten in dem Punkt sein, dass es nur ein guter Anfang sein kann. Es gibt noch viel zu tun.
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