Im Sitzungssaal des Rathauses Steglitz versammeln sich die TeilnehmerInnen des bevorstehenden Präventionsbeirates. Die meisten kennen und begrüßen sich, die Plätze füllen sich, bis die Bezirksstadträtin Maren Schellenberg die TeilnehmerInnen begrüßt und die Sitzung eröffnet. Viermal im Jahr trifft man sich hier in ähnlicher Zusammensetzung, fasst zusammen, was sich an den Runden Tischen des Bezirks ergeben hat, erläutert Schwerpunktthemen und es gibt Raum, aktuelle Fragen, Probleme und Anliegen der BürgerInnen zu erörtern. Der Präventionsbeirat ist eine direkte Möglichkeit, Aufmerksamkeit für Bürgeranliegen zu bekommen, die an den Runden Tischen besprochen werden. Aufmerksamkeit der Stadträte, der Bezirksbürgermeisterin, der Verwaltung oder beteiligten Organisationen. Eine Aufmerksamkeit, die Problemlösungen auf kurzem Weg möglich macht.

Der Weg eines Anliegens beginnt am Runden Tisch und wird von dort aus in den Präventionsbeirat getragen. Ein Beispiel: Der Runde Tisch Lichterfelde-West steht allen BürgerInnen offen. Bei einem Treffen unterhalten sich die TeilnehmerInnen über die Sauberkeit der Bürgersteige in ihrem Wohnumfeld. Eine Frau beklagt sich, dass ein Hundebesitzer in der Nachbarschaft, die Hinterlassenschaft seines Vierbeiners zwar einpackt, dafür aber die Plastiktüte in die Büsche schmeißt. Nun kann man lange diskutieren, ob die Tüte oder die Hinterlassenschaft das größere Übel ist. Damit löst man jedoch nicht das Problem. Es ist darin begründet, dass in der betreffenden Straße keine öffentlichen Mülleimer vorhanden sind. Dieses Beispiel bzw. Problem wurde von den SprecherInnen des Runden Tisches im Präventionsbeirat angesprochen. Die zuständige Bezirksstadträtin bat sofort, ihr eine Mail als Erinnerung zu schicken, da sie sowieso einen anstehenden Termin mit der Berliner Stadtreinigung (BSR) hatte. Kurze Zeit später stand ein neuer Mülleimer in der entsprechenden Straße. Nun müsste der beklagte Hundebesitzer darauf aufmerksam werden. Jedenfalls bestand berechtigte Hoffnung, das Problem ohne komplizierte Wege gelöst zu haben.

Insgesamt gibt es sieben Runde Tische im Bezirk, von denen sich einer Stadtteilkonferenz nennt. Etwa alle sechs Wochen treffen sich BürgerInnen aus dem entsprechenden Wohnumfeld. Bei den Zusammenkünften können Probleme angesprochen werden, Fragen gestellt, Anregungen gegeben werden oder man kommt einfach aus Interesse am Kiez und der Nachbarschaft. An den Runden Tischen entstehen Kiezführungen, kleine Feste oder Initiativen, die eine spürbare Wohnumfeldverbesserung ermöglichen. Am Runden Tisch Lichterfelde-West hinterfragte eine Teilnehmerin die Pflege der Grünflächen und Bäume im Bezirk. Da ihr Anliegen auf Interesse der anderen TeilnehmerInnen stieß, entstand daraus ein Thema, das die Runde lange Zeit beschäftigte. Es wurde mit VertreterInnen des Grünflächenamtes und der Baumpflege gesprochen, Patenschaften für Baumscheiben erklärt und letztlich mit der BSR eine Putzaktion organisiert und durchgeführt. Diese Putzaktion fand im Frühjahr 2016 auf dem Ludwig-Beck-Platz statt. Besen, Mülltüten, Schaufeln wurden von der BSR gestellt, Stauden und Blumen gespendet. So putzten und bepflanzten etwa 30 TeilnehmeInnen an einem Samstag den ganzen Platz. Schön an dieser Aktion war nicht nur, dass der Platz über den ganzen Sommer einladend aussah, auch das Gemeinschaftsgefühl der TeilnehmerInnen war bestärkt. Der Runde Tisch konnte auf einen Erfolg blicken, der zu weiteren Taten anregte.

Maren Schellenberg, Vorsitzende des Präventionsbeirats, ist Bezirksstadträtin für die Bereiche Immobilien, Umwelt und Tiefbau. Bereiche, die BürgerInnen am häufigsten bewegen, viele Fragen aufwerfen und Beteiligung in größtmöglicher Form wünschenswert machen. Die Stadträtin schätzt es sehr, dass die Menschen im Bezirk eine sehr gute Wahrnehmung ihres Umfeldes haben. Hört man bei Planungen oder Veränderungen rechtzeitig auf die Stimmen der Betroffenen, holt sich Anregungen und bleibt offen für Bedenken, sind die Lösungen meist im Sinne aller zufriedenstellend. Das betrifft beispielsweise Themen wie Schulbauten, Radwege oder Kinderspielplätze. Letztlich weiß die Stadträtin aber auch, dass endgültige Entscheidungen von der Verwaltung getroffen werden, die nicht immer von allen Seiten begrüßt werden. In ihrer Funktion als Vorsitzenden des Präventionsbeirats möchte sie den Beirat stärken und Runde Tische flächendeckend über den Bezirk etabliert wissen. Maren Schellenberg schätzt engagierten Bürger, die wissen, wie sie sich Gehör verschaffen. Dennoch ist es ihr wichtig, insbesondere die ruhigen BürgerInnen wahrzunehmen und zu hören. Hier setzt sie auf die Runden Tische, die als Sprachrohr bestens geeignet sind.

Runde Tische und Präventionsbeirat sind weit mehr als nur im Sinne der Prävention zu verstehen. Im Zusammenschluss sind beide Gremien eine Möglichkeit, sensibel Wünsche und Anliegen der Bürgerschaft wahrzunehmen, schnell und unkonventionell zu reagieren. Hier können zeitlichen Entwicklungen, wie beispielsweise der Zustrom geflüchteter Menschen aufgegriffen und besprochen werden. Hier können Ängste und Bedenken mittels Informationen entkräftet werden. An den Runden Tischen bekommt der Nachbar einen Namen, der Kiez ein Gesicht  und die Großstadt eine fassbare Größe. Am Runden Tisch erfährt man, wo der Heimatverein ist, welche besonderen Feste geplant sind, wen man bei häuslicher Sicherheit ansprechen kann, wie Radwege geplant werden oder Unterstützung für besondere Anliegen geschaffen werden kann. Am Runden Tisch trifft man den Vertreter der BVV, des Ordnungsamtes, den Händler um die Ecke, den Nachbarn, Gleichgesinnten oder Widersacher. Nur eins muss man ganz alleine machen … hinkommen und mitreden … im Sinne der Gemeinschaft!

Anna Schmidt

Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ 4/2017 mit dem Leitthema „Runde Tische und Bürgerbeteiligung“
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