Im August 2016 wird das Internet 25 Jahre alt. Wow. Happy Birthday Internet. Du hast mein Leben verändert. Und das ist gut so! Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine ersten „Gehversuche“ im World Wide Web aussahen: Über die Telefonleitung mit einem pfeifenden Modem in ein schneckenlangsames Netz eingewählt, wurden mit  dem Netscape Browser mehr oder weniger hässliche Internetseiten aufgerufen. Nur wenige Unternehmen und Organisationen aus dem sozialwirtschaftlichen Bereich waren dort vertreten – unser Verein hatte damals als erste Berliner Nachbarschaftseinrichtung eine richtige Homepage. Damals ahnten wohl nur die wenigsten, welche revolutionären Veränderungen das Internet für uns alle mit sich bringen würde. Ein Veränderungsprozess begann, der von der Dramatik und den Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens vergleichbar ist mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert. Nur alles viel schneller. Und sicher ist, dass diese Entwicklung noch lange nicht vorbei ist. Ganz im Gegenteil: Wir stehen erst am Anfang einer Zeitenwende, einer Epoche, die von Digitalisierung und weltweiter Vernetzung geprägt ist. Manchmal beneide ich meine Enkelkinder, für die viele Dinge selbstverständlicher Alltag sein werden, die ich mir jetzt noch gar nicht vorstellen kann.

Auch vor lokalen Projekten und Organisationen macht dieser digitale Wandel nicht Halt. Auch soziale Unternehmen müssen sich den Anforderungen der Digitalisierung stellen. Sabine Depew von der Caritas in Köln  hat hierzu einen hervorragenden Artikel geschrieben, den ich sehr zur Lektüre empfehle: https://zeitzuteilen.wordpress.com/2015/05/18/sozialarbeit-4-0/

Ich sehe die Herausforderungen für uns auf vier Ebenen:

  • in der Kommunikation  nach innen
  • in der Kommunikation nach aussen
  • in der Entwicklungen von Angeboten und Formaten für unsere Kunden und NutzerInnen
  • in der Definition unserer Arbeitsabläufe  / Workflows

In der internen Kommunikation nutzen wir im Stadtteilzentrum Steglitz Tools wie yammer um miteinander einrichtungsübergreifend und orts-/zeitunabhängig zu kommunizieren. Yammer hat die klassische E-Mail intern weitestgehend abgelöst. Für unser Informations- und Wissensmanagement nutzen wir Evernote. Wir haben gelernt, dass es von allergrößtem Nutzen für alle ist, wenn wir Informationen und Wissen teilen. Ich lege meine Notizen, Protokolle und Hintergrundinformationen im co-working-Notizbuch in Evernote ab, Kolleginnen und Kollegen können diese Informationen in ihrem Kontext nutzen. Und umgekehrt. Das Teilen von Wissen macht alle schlau. Und die Arbeit des Teams wird transparenter.

Ähnlich versuchen wir es in der Kommunikation nach aussen: Wir haben unsere Website auf ein Blogsystem umgestellt, kommunizieren in allen relevanten sozialen Netzwerken und – das ist wichtig für unsere Angebotsentwicklung – wir hören zu, was die Leute uns zu erzählen haben: Wie werden wir wahrgenommen? Was kommt gut an? Was eher nicht? Wo wollen Menschen sich engagieren? Welche Angebote und Projekte fehlen? Wie können wir die virtuellen Netzwerke im „analogen Leben“ nutzbar machen? Viele Initiativen und Angebote unseres Vereins haben im Internet ihren Ursprung, sind hier als erste, noch „unscharfe“ Idee entstanden. Hier werden wir noch viel dazu lernen und ganz neue Arbeitsformen entwickeln müssen: Die Grenze zwischen „Produzenten“ und „Konsumenten“ wird auch im Sozialbereich immer weiter aufgeweicht werden. Wir werden unsere Besucher und Kunden noch stärker in die Entwicklung von Projekten und Dienstleistungen einbinden. „Konsumenten“ arbeiten mit bei der „Produktion“ sozialer Dienste und werden so zu „Prosumenten“. Ich bin neugierig, was auf diesem Wege so alles entstehen wird….

Die Art, wie wir arbeiten wird sich dramatisch verändern. In der Verwaltung unserer Organisation ist das jetzt schon sicht- und spürbar: Wir sind auf dem Weg zur papierlosen (zumindest „papierarmen“)  Verwaltung. Arbeitsprozesse werden digital abgebildet und umgesetzt. Die Einrichtungen sind miteinander vernetzt, alles geht schnell und mit vergleichsweise geringem Aufwand. Und die am besten vernetzten Mitarbeitenden sind die erfolgreichsten. Die Unternehmenskultur verändert sich. Und ich bin gespannt, wie sich die Digitalisierung des Sozialbereichs in der konkreten Arbeit mit Klientinnen und Klienten, mit Nutzern der Einrichtungen auswirken wird. Schon jetzt sind wir unterwegs im Feld „Onlineberatung“ und verlagern einige (auch personelle) Ressourcen in den virtuellen Raum – weil dort auch viele Menschen sind, die uns brauchen.

Ich bin gespannt wie die Digitalisierung unsere  Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen oder Beratungsstellen in den nächsten 25 Jahren verändern wird. Habt Ihr dazu Fantasien? Ich wäre neugierig darauf, diese Fantasien kennenzulernen – und freu mich über Eure Antworten auf diesen Beitrag.

Thomas Mampel
Geschäftsführer Stadtteilzentrum Steglitz e.V.

Erschienen am 24. August im Blog mampels welt