Manchmal geht man von der Arbeit nach Hause und fühlt sich dankbar und glücklich, weil die Erlebnisse des Tages einfach nur toll waren. Auch der Tag, an dem ich dies schreibe, war mal wieder ein guter, faszinierender Tag voller schöner Begegnungen im Zeichen der Kunst.

Ich hatte mich entschlossen, mal wieder ein „Motivationsangebot“ für die Kunstgruppen zu machen, die ich regelmäßig im Kinder- und Jugendhaus Immenweg gebe. Diese Gruppen sind offene, kostenlose Angebote, und es gibt immer wieder mal Phasen, in denen die Kinder, obschon sie immer Spaß und Freude dabei haben, nicht so zuverlässig und regelmäßig kommen. Das liegt einfach daran, dass der wunderschöne Kunstraum des Hauses in der oberen Etage liegt und das schöne Wetter draußen den Weg nach oben länger macht als den Weg nach draußen – was ganz normal ist, denn die Kinder haben bei uns viele Möglichkeiten, sich zu beschäftigen und an Angeboten teilzunehmen. Zudem sind manche Kinder, die erst seit kurzem die Imme besuchen, einfach zu schüchtern, um die Kunstgruppe mal auszuprobieren.

Also nahm ich einiges an Material, platzierte es auf drei Tischen mitten im Hauptraum der Imme (ein Raum, der meistens sehr laut ist und voller spielender und lachender Kinder) und fing an, eigene kleine Karten zu entwerfen und zu bemalen.

Was sich in den darauf folgenden zwei Stunden abspielte, trug entscheidend zu meinem Glücksgefühl bei. Schon nach Sekunden kamen die ersten Kinder, fragten, was ich da tue, und brauchten nicht lange gebeten zu werden, mitzumachen. In kurzer Zeit wuchs die Menge an kreativ arbeitenden Kinder an, es war wie ein Lauffeuer. Bald mussten wir einen Tisch dazustellen, um allen Platz zu verschaffen. Auch unsere älteren Jugendlichen machten mit, vergaßen die Welt um sich herum und vertieften sich in eine kreative Tätigkeit. Natürlich sollen die Besucher und Besucherinnen der Imme im Hauptraum spielen, Spaß haben, sich beim Tischtennis oder Billard austoben, aber die Atmosphäre des Hauses war in dieser Zeit erfüllt von der ernsthaften, freudvollen Beschäftigung mit Kunst, eine wundervolle Stimmung und ein wundervolles Erlebnis. Die Aktion führte dazu, dass viele Kinder wieder regelmäßig zu den Kunstgruppen kommen werden und dieses Angebot neu beleben.

Derartige Erfahrungen mache ich auch an anderen Orten. Seit einiger Zeit arbeite ich zweimal pro Woche für einige Stunden in der Unterkunft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Kladow, die von unserem Trägerverein betrieben wird. Obwohl der Weg weit und der Arbeitstag nach meiner regulären Arbeit meist lang ist, beschert einem dieses Kunstangebot jedes Mal erneut ein Gefühl von Zufriedenheit. Kollegen, die das Haus besuchen, sind manchmal richtiggehend perplex, wie begeistert das Angebot angenommen wird. Die Geflüchteten freuen sich jedes Mal sichtbar, wenn ich komme und die jeweilige Kunstaktion vorbereite. Sofort sind sie zur Stelle und machen mit, und auch hier wächst der Kreis derer, die sich kreativ beschäftigen, innerhalb kürzester Zeit so an, dass noch mehr Platz geschaffen werden muss. Es entstehen kleine oder große Kunstwerke, niemand kann etwas falsch machen, und niemand bewertet das Werk eines anderen. Gerade die Dankbarkeit, die ich von den Geflüchteten erhalte, lohnt den Aufwand und die Arbeit.

Die Erfahrungen, die ich hier beispielhaft beschreibe, bestätigen für mich die Theorie, wegen der ich überhaupt erst angefangen habe, mich für die Verbindung von Kunst und Pädagogik zu begeistern: Kunst ist als Katalysator für den Aufbau von Kreativität, Selbstvertrauen und innerer Stärke hervorragend geeignet. Die Kinder und Jugendlichen lernen, sich selbst und ihren Instinkten zu vertrauen, sie fassen Zutrauen in ihre Fähigkeiten, sie bilden sich auf einer mentalen Ebene weiter. Natürlich ist das kein Weg für jeden, aber selbst diejenigen, die von sich behaupten, „nicht malen“ zu können oder „nichts anfangen“ zu können mit Kunst, stellen sehr schnell fest, dass es hier kein richtig und kein falsch gibt, sondern nur ein tu’ es oder lass’ es. Wer es tut, macht, ganz unabhängig von seinem Talent, wertvolle Erfahrungen, die ihm auf einer sehr wichtigen Ebene weiterhelfen.

Ich bin stolz und froh über die Angebote, die ich an den verschiedenen Orten durchführe, und werde auch weiterhin alles daransetzen, diese Möglichkeiten auszubauen. Und nicht zuletzt bin ich den Kindern und Jugendlichen, die sich inspirieren lassen, dankbar für diese tollen Erfahrungen, die mich oft mit einem Glücksgefühl nach Hause gehen lassen.

Maria Skrzypiec-Eißfeller
Kunsttherapeutin, Coach im Kinder- und Jugendhaus Immenweg

Ein Beitrag aus dem Magazin „Im Mittelpunkt“ – Juli/August 2016