10_iss_24 Am Freitag, den 15.11.2013 um 9.00 Uhr setzt sich eine kleine, aufgeregte Gruppe in der 10. ISS in Richtung Messegelände Berlin in Bewegung. Unter ihnen sind Mert (9.c) und Sean (9.2). Sie werden später an einem Graffitiwettbewerb teilnehmen und ihre Schule verteten. Ihr Ziel ist der „ImportShop Berlin“ – eine Messe internationaler Waren mit Tausenden Besuchern. Neben der Größe dieses Events wird es heute noch einiges geben, was unsere beiden Künstler nervös machen könnte.

Als man um 10.00 Uhr am Eingang der Messe ankommt, erhalten alle – nach kurze Verwirrung – sogenannte Ausstellerausweise. Somit kann man die Messehallen bereits eine Stunde vor der offiziellen Eröffnung betreten. Sofort suchen wir den Stand der „Graffiti Lobby Berlin“. Zusammen mit der Botschaft von Simbawe und dem Unternehmen „Graffiti Frei“ ist sie verantwortlich für den folgenden künstlerischen Wettstreit. Verschiedene Schulen waren aufgerufen, einen kreativen Beitrag bzw. einen Graffitientwurf zum Thema „Toleranz und Akzeptanz“ einzusenden. Die besten von ihnen durften nun seit Mittwoch, den 13.11.2013 hier ihre Bilder auf Leinwänden umsetzen.

Ab 12.00 Uhr sind jetzt auch Sean und Mert an der Reihe. Sie haben vor sich eine Leinwand von 2×3 Metern und in der Hand ihren Entwurf. Er zeigt die Comicfigur „Joker“ vor dem Schriftzug „Respect“. Dieser Entwurf ist eine Collage. Das heißt, beide hatten ihren Teil der Skizze jeweils allein im heimischen Zimmer gezeichnet. Später wurden die Teile in der Schule auf ein Blatt geklebt. Heute würden beide erstmals gemeinsam an einem Werk arbeiten! Besonders speziell wird dies noch dadurch, dass beide Jungs aus den unterschiedlichen, fusionierten Teilschulen der 10.ISS kommen. Ihr Bild und der dazu gehörige Mut sind Beispiele für einen erfolgreichen Fusionsprozess.

14.00 Uhr. So langsam nimmt das Bild Gestalt an. Besonderes Interesse erregen unsere Künstler bei Passanten wegen der Mischtechnik, in der sie ihr Werk erstellen. Während Sean seine Graffitibuchstaben mit Spraydosen ausprüht, kniet Mert vor der Wand und pinselt mit Acrylfarben seinen Teil des Bildes. Über die gesamte Zeit sind beide überaus konzentriert. In kurzen Absprachen verständigen sie sich über Farben und wertschätzen die Arbeit des anderen. Sogar zu einer Erfrischung muss man sie beinahe überreden.

Ab 15.00 Uhr merken wir, dass die Zeit langsam knapp wird. In einer halben Stunde soll bereits die Siegerehrung stattfinden. Da auch die Kälte unseren Künstlern mittlerweile zusetzt, entscheiden sie sich, die Joker-Figur als Torso zu belassen und nicht komplett auszumalen. Es spricht sehr für die beiden, an dieser Stelle nicht zu protestieren, da andere Gruppen bereits teilweise seit zwei tagen an ihren Bildern arbeiten konnten. In kurzen Gesprächen erfahre ich, dass auch die Jury diese Arbeitshaltung von Sean und Mert sehr würdigt. Hoffentlich bleibt das auch so, wenn sie den scheinbar unfertigen Joker bewerten müssen!

Um 16.00 Uhr ist es endlich soweit! Alle Werke sind am Messestand ausgestellt und alle fiebern der Siegerehrung entgegen. Die Jury, die sich für etwa eine halbe Stunde zurückgezogen hatte kommt zusammen und die Organisatoren ergreifen das Wort. Man zeigt seine Bewunderung für die zahlreichen und überaus kreativen Beiträge. Kurz darauf werden bereits die Drittplatzierten – eine Schülergruppe aus Berlin-Hellersdorf – auf das Podium gebeten. Sie erhalten eine Urkunde und einen verschlossenen Umschlag.

Kurz darauf bittet man die Zweitplatzierten aus Wilmersdorf nach vorn. Auch für sie gibt es neben einer Urkunde einen Umschlag, der bereits etwas dicker zu sein scheint als der vorherige.

Nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich werden die Sieger genannt. Der erste Platz geht an Mert und Sean von der 10. Intergierten Sekundarschule in Steglitz für ihr Bild „Respect for Joker“! Großartig! Hammer! Genial!…

Sprachlos, verlegen aber sehr stolz treten unsere Künstler, begleitet vom großem Beifall vor. Auch für sie gibt es nun eine Urkunde und einen Umschlag. Ein Messefotograf macht sofort Bilder der verdienten Sieger vor ihrem Kunstwerk. Es folgen Handshakes, Umarmungen und Gratulationen, bevor wir erschöpft den Heimweg antreten.

Es ist einfach toll, dass es solche Projekte gibt, dass es solche mutigen Kids gibt, dass es Freunde und Familien gibt, die zu solchen Anlässen wertschätzend und ermutigend unseren Künstlern zur Seite stehen und dass es Menschen gibt, die den Teilnehmer_innen sogar noch Preise stiften! Die 10.ISS dankt daher ganz herzlich den Organisatoren (Graffiti Lobby und Graffiti-Frei), sowie Sean und Mert für ihren Mut, ihre Kunst sowie für ihren Beitrag zur Schulfusion!

Ebenso danken wir ihnen für die Geldspende, die sie von ihrem Siegerpreis (der dicke Umschlag!) der Schule machen!

Alle, die nicht dabei sein konnten, werden im Rahmen einer anstehenden Wanderausstellung die Gelegenheit bekommen, sich alle Werke dieses Projektes an verschiedenen Orten in Berlin live anzusehen. Termine und Orte werden an dieser Stelle rechtzeitig bekanntgegeben.

Sebastian Unger
Projektleiter der EFöB an der 10. ISS