Urkunde-webDie gesamte EFöB (Ergänzende Förderung und Betreuung) an der Giesensdorfer Schule trifft sich seit über einem Jahr einmal am Tag in der Mensa, um gemeinsam täglich nachzufragen, wer von den Kindern wieder einmal einen Ausdruck gesagt hätte. Begonnen haben wir mit dieser etwas aussergewöhnlichen Besprechung, als im letzten Schuljahr viele neue Kinder dazu kamen und sich schlimme Ausdrücke sehr gehäuft hatten.

Wenn ich in meinem Büro saß, das direkt zum Bolzplatz raus sein Fenster hat, schlackerten mir die Ohren. Was ich hören durfte war für mich erschreckend. Stellen Sie sich vor, sie schließen einen Vertrag für Ihr Kind bei mir ab und hören Kraftausdrücke, die Sie im Leben noch nie gehört haben … Ja, so ging es auch mir, gerade wenn neue Eltern in mein Büro kamen.

Es musste eine Lösung her. Die Idee war, täglich einzuüben, dass Ausdrücke keinen Platz bei uns haben. Natürlich gibt es Worte, die ab und zu einmal heraus müssen, wie das „Sch…-Wort“ – viele Erwachsene benutzen es. Es ist einfach so drin. Wir wollen ja auch nicht strenger sein als streng, weshalb trotzdem wichtig war, den Kindern beizubringen, dass man auch anders seine Wut herauslassen kann.

So hatten die Kinder plötzlich Spaß daran neue Schimpfworte zu erfinden, wie z.B. „Schinken“ um sich gegenseitig zu erinnern, dass Ausdrücke verboten sind. Wir fragten täglich nach, wer Ausdrücke gesagt hatte und es gab auch immer wieder Kinder, die sich meldeten, aber es wurden immer weniger. Natürlich hat das ein bis zwei Monate gedauert, aber dann meldeten sich nur noch 5 von 112 Kindern. Für alle Kinder, die nie Ausdrücke sagten oder selten Kraftausdrücke gebrauchten, gab es bereits schon zwei Urkunden dafür, was natürlich noch mehr anspornte.

Die Mensabesprechung ist seither Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit. Sie findet täglich statt und es werden verschiedenste Dinge besprochen und als Gemeinschaft Lösungen überlegt. Es gibt Tage, da vergesse ich nachzufragen, wer Ausdrücke gesagt hat und sofort werde ich von mindestens 10 Kindern daran erinnert, dass ich die Frage danach vergessen hätte. Nach einem Jahr täglichen Nachfragens, hatte es ein Kind geschafft, was sich wirklich täglich meldete, wenn die Frage nach den Ausdrücken kam, sich das erste Mal nicht zu melden. Es freute sich über den Applaus. Am nächsten Tag fragte ich: „Und wie lief es heute, hast Du es wieder geschafft, kein Schimpfwort zu benutzen?“ und er antwortete: „Ich weiß es nicht genau, ich habe heute Arschologe sagen müssen und da steckt doch „Arsch“ drin, oder?“ … was haben wir alle gelacht … Es gibt sogar Tage, da kommen Eltern zu mir, dessen Kinder gesagt haben, dass sie sich in der EFöB melden müssten, weil sie das „Sch….-Wort“ benutzt haben …

Vielleicht hört sich das alles etwas eigenartig an – das ist es sicher auch, jedoch haben wir immer mit positiven Verstärker, Ehrlichkeit, einer Prise Humor und verschiedenen von den Kindern ausgesprochenen Ideen gearbeitet und es geschafft, dass selten Kraftausdrücke benutzt weden.

Schlimmstenfalls höre ich auf dem Bolzplatz noch ein „Schinken“.

So machen wir das – in der EFöB an der Giesensdorfer Schule! 🙂

Franziska Beck
Projektleiterin EFöB an der Giesensdorfer Schule